--- Der Fall Gerster stinkt zum Himmel: Nicht nur, weil der Chef der Bundesanstalt für Arbeit (ein Euphemismus in sich: ehrlicherweise müsste die in Anstalt für Nicht-Arbeit umbenannt werden) selbstherrlich und ohne Ausschreibung einen Berater- und PR-Vertrag an den auch nicht ganz unbeschriebenen Bernd Schiphorst in Höhe von satten 1,3 Mio. Euro vergeben hat. Sondern auch, weil der Ex-NRW-Politiker doch anscheinend tatsächlich glaubt(e), er brauche kein Modernisierungskonzept für die Anstalt, sondern könne über "Kommunikation", "Image-Kreierung" und "Öffentlichkeitsarbeit" die Lücken in der inhaltlichen Arbeit füllen. Der Spindoktor meint: Gerster muss gehen -- natürlich ohne seine drei Dienstwagen, mit denen er ja sicher nicht von Arbeitsamt zu Arbeitsamt durchs Land rollen wollte auf seiner PR-Tour. Aber vielleicht war es ja auch just das, was ihm Schiphorsts WMP EuroCom vorgeschlagen hat? Die amtierende Ratsvorsitzende der Anstalt und stellvertretende DGB-Chefin Ursula Engelen-Kefer fand das vorgestellte Konzept Schiphorsts jedenfalls "nicht überzeugend" und plädierte für einen Sperrvermerk für die Unsumme. Doch das Lustigste an der Sache: Nun fühlt sich der liebe Florian Gerster auch noch als Opfer einer "inszenierten Medienkampagne"! Aber der Opfermythos wird ihm auch nicht mehr helfen.
Einen interessanten Blick auf die Affäre Gerster und das "Netzwerk der Deutschland AG" wirft übrigens auch Hans Leyendecker in der Süddeutschen Zeitung: Der Fall Schiphorst/Gerster/WMP ist eine Zustandsbeschreibung der Republik: Es geht um Unfähigkeit, Kleinkariertheit und Sozialneid, das übliche Mittelmaß und den gewöhnlichen Wahn. Die Geschichte wirft ein Schlaglicht auf eine Branche, die in der Tagesschau nicht vorkommt und die dennoch immer mehr das Sagen hat: Polit- und Medienprofis, die Master der Public-Affairs, wursteln im Politbetrieb kräftig mit. Beratungsgesellschaften jagen nach Aufträgen, versuchen, die Berliner Republik zu gestalten, und leben dabei nicht schlecht. Insgesamt hat Leyendecker aber doch eher Verständnis für Gerster und Schiphorst, denn die Bundesanstalt für Arbeit sei schon eine ganz schrecklich bürokratische Behörde und brauche etwas Pepp.
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