2004-01-21

Führer Bushs große Fernsehbühne

--- George W. Bush und sein Inszenierungsteam aus dem Weißen Haus waren gestern Nacht bei der traditionellen Jahresansprache an die Nation (State of the Union Address) mal wieder recht erfolgreich: Der Oberkommandierende im andauernden Krieg gegen den Terror stellte sich dezidiert genau auch als solcher dar. Denn längst steht ihm diese letztlich militärische Führungsrolle viel besser als die "normale" Präsidentenrolle. Dem Anlass angemessen, verzichtete Bush gar auf seine veilchenblauen Lieblingskrawatten und trug eine knallrote -- was mit dem weißen Hemd und dem dunkelblauen Anzug natürlich die Nationalfarben ergab. Eine gute Übersicht über das Gesagte -- und viel wichtiger: das nicht Gesagte -- findet sich in der New York Times: Mr. Bush cast himself as the steady commander in chief of what he portrayed as a nation at war, seeming to suggest that changing the leader midbattle was risky. "Twenty-eight months have passed since Sept. 11, 2001, over two years without an attack on American soil, and it is tempting to believe that the danger is behind us," he said in the somber tones he reserves for his most important speeches. "That hope is understandable, comforting and false." Der Irak-Krieg war nötig, betonte Bush, denn sonst "würde das Programm für Massenvernichtungswaffen des Diktators noch heute laufen." Dabei vergaß er ganz zu erwähnen, dass diese Programme zunächst von der US-Regierung gefördert, nach dem früheren Golfkrieg bereits größtenteils eingestellt wurden und seine Soldaten und Geheimdienste nie neue Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak finden konnten. Und natürlich kostete es Bush voll aus, dass der Ex-Diktator in Bagdad nun "in einer Gefängniszelle sitzt". Nicht fehlen durfte der Hinweis, dass sich die Wirtschaft erholt. Abgerundet wurde der konservative und meisterhaft gesponnene Vortrag mit einigen kruden innen- und gesellschaftspolitischen Versprechungen für die republikanische Wählerschaft: so kündigte er eine Verfassungsergänzung an, mit der die Schwulenehe gebannt werden soll, und schlug vor, sexuelle Abstinenz unter Teenagern zu fördern. Seine Töchterlein dürften sich da gefreut haben, dass sie endlich erwachsen sind. Mehr zur "knallharten Wahlkampfrede" unter anderem bei Spiegel Online und Telepolis.

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