2004-02-29

Wahrheit und Propaganda beim Großen Lauschangriff

--- Am 3.3.2004 wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zur Rechtsmäßigkeit des Großen Lauschangriffs mit Wanzen auf die Wohnungen Verdächtiger bekannt geben. Geklagt hatten mehrere "linke" FDP-Politiker. Der Focus (und überraschenderweise nicht Der Spiegel) wirft vorab einen ausführlichen Blick auf die Argumentationsschlacht beider Seiten: Als „wirksames Instrument“ im Kampf gegen die Kriminalität verteidigt indes die rot-grüne Bundesregierung die Wanzenattacken. Eine Interpretation, die angesichts der bisherigen Erfahrungen nur bedingt einzuleuchten vermag. Gut die Hälfte der in Deutschland von 1998 bis 2002 initiierten Horchoffensiven gerieten zum Totalflop: 57 von insgesamt 118 Überwachungen hatten keine Relevanz für das Verfahren. Die aufwändige und teure Verwanzung von 132 Wohnungen verhalf den Ermittlern nur zu bescheidenem Erfolg. Abgehört wurden 406 Personen – mehr als ein Drittel von ihnen (146) trotz der Tatsache, dass sie als nicht beschuldigt galten. Als stumpfes Schwert verhöhnen Kritiker wie der Altgrüne Hans-Christian Ströbele sodann die von Sicherheitspolitikern als „Wunderwaffe“ gepriesene Methode. Der Aufwand sei „enorm“, „marginal“ die Ausbeute. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Repräsentant von 14 000 Kripo-Leuten, deutet dieselbe Statistik hingegen als „Erfolg“. Und als Beleg, wie „maßvoll“ die Behörden das Instrument einsetzten. Für BDK-Boss Klaus Jansen haben sich die Warnungen vor einer „voyeuristischen Schnüffelpolizei, die unter jedem zweiten Schlafzimmerbett liegt“ als „pure Propaganda“ erwiesen. Ginge es nach CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach, würde künftig sogar „die optische Wohnraumüberwachung möglich sein“. Durch den Großen Spähangriff ließen sich abgehörte Stimmen „viel besser zuordnen“.

Update: Thema Lauschangriff ist inzwischen auch beim Spiegel (Online) angekommen.

lauschangriff.html