
--- Ab morgen gibt es
Cicero am Kiosk, das neue politische Magazin der etwas anderen Art etc. und ganz klar ein Intellektuellenblatt. Der Spindoktor hat vorab schon mal reingeschaut. Was als erstes auffällt: Dem Titelbild zum Trotz (ja, das soll unser Gerd sein, gesehen von Jörg Immendorf (der lebt noch?), exklusiv natürlich): die Fotos im Innenteil sind Spitze, fast nur schwarz-weiß, bunt ist vor allem die überraschenderweise erst mal recht zahlreich gebuchte (hoffentlich nicht verschenkte) Werbung. Bei den Texten fragt man sich allerdings auch immer wieder, ob diese Autoren wirklich noch leben. Natürlich haben sie Klang und Namen: Hellmuth Karasek, Umberto Eco, Maxim Biller und Wladimir Kaminer. Aber haben diese "Stars" tatsächlich etwas zu sagen? Den Kaminer etwa kann man in jedem zweiten deutschen Feuilleton lesen, und "politisch" denkt der Russendisco-Rocker eigentlich auch nicht. Überhaupt alles etwas mehr bunte Seite und Vermischtes als Spiegel, Focus oder gar Atlantic Montly. Ganz für den Anfang hat die Redaktion unsere Madeleine-"Wir-führen-Krieg-im-Kosovo"-Albright ausgegraben -- nicht gerade der Inbegriff einer Meisterdenkerin für ein Autorenblatt. Die Redakteure, die laut dem Schweizer Geldgeber Michael Ringier aber vor allem denken, und weniger schreiben sollen, müssen also für die nächsten Ausgaben noch etwas progressiver denken. Denn sonst zahlt die satten 7 Euro wohl nur noch ein zu kleiner Kreis, um das Vorzeigeprojekt am Leben zu halten. Und wenn das Ding keine Kasse macht, dann ist es gleich wieder weg, das hat Ringier vorab erfrischend ehrlich auch schon klar gemacht. Aber, wie gesagt, schöne Fotos, kurze, manchmal zu kurze Texte, am Interessantesten vielleicht noch die Interviews, unter anderem mit Schröder und Köhler. Zur ausgleichenden Gerechtigkeit darf Gegenkandidatin Gesine Schwan auch noch ihren Hals recken. Alles also hübsch balanciert, aber vielleicht ist das just das Manko: Der konservative Chefredakteur Wolfram Weimer (ehemals Morgenpost/Welt) weiß nicht so genau, in welche politische Ecke er nun eigentlich will. Die erste Ausgabe braucht also wirklich keiner, da hat Ringier mit seinem entsprechenden Sinnspruch schon recht. Aber hoffentlich dann die zweite oder die dritte, denn die wirds ja sicher noch geben. Und ansonsten nächste Woche gleich weiterlesen, Florian Illies kommt mit seinem neuen Golf, äh, mit
Monopol, dem "Magazin für Kunst und Leben". Der prominente Autor
drohte schon an, dass er in dem Blatt natürlich auch des öfteren selber schreiben würde. Mehr zu Cicero in der
Netzeitung und auch immer mal wieder im
Dienstraum.
Zusatz (dhs): In der Tat ist Cicero eine Lektüre, bei der man sich fragt, weshalb jetzt das noch? Zwar wimmelt es vor Prominenz, nur wirken zahlreiche Texte nicht so, als seien sie eigens für Cicero verfasst worden. Die Crew wird in der Tat noch mehr darüber nachdenken müssen, wie man "politische Kultur", die sie sich ja auf die Fahne geschrieben haben, journalistisch umsetzt und sich so vor allem abhebt und unentbehrlich macht. Die Idee selbst ist gut und verdient zumindest eine zweite Chance.
Update: Böse Worte zu Cicero von
Spiegel Online, wo das Blatt inzwischen auch mal jemand gelesen hat:
Nein, "Cicero" ist nicht der Hort einer "Krawallprosa aus dem rechten Winkel des Salons", wie die "Zeit" meint. Viel eher ist "Cicero" die neue Heimstatt des Deutsch-Aufsatzes aus dem Geist der Oberprima, der elegant geheftete Leitartikel für den ganzen Monat und für alle Gelegenheiten.
cicero.html
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