Der Antiterrorkrieg und die Logik der Überbietung
--- Für Stefan Reinecke von der taz sind die Folterfotos und die arabische Reaktion darauf der endgültige Sargnagel im "internationalen Kampf gegen den Terrorismus" unter US-Führung: Der Schreck, den diese Bilder verbreiten, hat noch einen anderen Grund. Sie bringen - zusammen mit dem obszönen Hinrichtungsvideo des US-Bürgers Nicholas Berg - eine Angst auf den Punkt, die schon seit dem 11. 9. umgeht. Diese Befürchtung lautet, dass der Antiterrorkrieg aus dem Ruder läuft, dass er unbeherrschbar wird, angetrieben von jener Logik der Überbietung, die Nicholas Berg das Leben kostete. Diese Bilder - vor allem die Tötung eines beliebigen Zivilisten zu dem Zweck der Produktion eines Bildes - verletzten zivilisatorische Tabus. Sie zeigen, dass dieser Krieg zu einer fatalen Regellosigkeit tendiert. Diese Regellosigkeit geht nicht nur von den Al-Qaida-Terroristen aus, auch die Antwort der USA ist durch Willkür charakterisiert. Die Kriegsziele der USA werden nach Gutdünken definiert. Anfangs ging es um al-Qaida, dann um die Taliban, dann um den Irak. Erst weil Saddam Massenvernichtungswaffen haben sollte, dann, als diese Lüge offenbar wurde, sollte der Irak mit den Werten der westlichen Welt beglückt werden. Damit nähert sich der Antiterrorkrieg den so genannten neuen Kriegen an, jenen endlosen Bürgerkriegen in der Dritten Welt, die sich selbst reproduzieren. Denn auch die Praxis des Antiterrorkriegs neigt zur Entgrenzung: Was Sieg, was Niederlage ist, scheint keine einigermaßen definierbare Kategorie mehr zu sein, sondern eine Wahrnehmungsfrage, die im Pentagon entschieden wird. Zudem sind die USA im Irak dabei, den Gegner, den zu bekämpfen das Mantra jeder Bush-Rede ist, selbst zu erzeugen bzw. zu mobilisieren. Der Antiterrorkrieg droht so zu einem Perpetuum mobile zu werden, zu einer sich selbst reproduzierenden Erscheinung, bei der, anders als in Vietnam, am Ende kein Gegner zu finden ist, mit dem man den Waffenstillstand vereinbaren kann.
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