Enthauptung: "Moralischer und zivilisatorischer Tiefpunkt"
--- Peter Münch von der Süddeutschen Zeitung widmet einen Kommentar dem islamistischen Enthauptungsvideo und spricht von einem "moralischen und zivilisatorischen Tiefpunkt". Die Kriege von heute sind nicht schlimmer, blutiger, unmoralischer als die zu jeder Zeit. Aber sie sind letztlich auch nicht besser, unblutiger, chirurgischer. Selbst wenn sie nicht mehr in großen Völkerschlachten geführt werden, sondern aus der Distanz und mit High-Tech-Waffen, so wird weder virtuell gekämpft noch virtuell gestorben. Genau dieser Eindruck war allerdings eine Zeit lang mithilfe von Fotos und Videoclips vermittelt worden. Zumindest die westliche Welt pflegte die Mär vom sauberen Krieg. Die vom Militär verbreiteten oder zensierten Bilder aus Bagdad, Kabul oder Belgrad wirkten so, als wären sie von Blutflecken chemisch gereinigt worden. Gezeigt wurden die von den Bomben ausgelösten Blitze am Nachthimmel und nicht die Leichen am Boden. Die jüngsten Aufnahmen von Folter und Enthauptung stehen für das Gegenteil. Und sie belegen nicht nur, dass die Amerikaner die Hoheit über die Bilder verloren haben, seit es neben CNN auch al-Dschasira und über allem das Internet gibt. Sie dokumentieren vor allem, dass sich der zunächst nur auf einem Nebenschauplatz angesiedelte Krieg der Bilder verselbstständigt hat. ... Dennoch wird das Hinrichtungsvideo seine Wirkung nicht verfehlen, vor allem nicht in der arabischen und islamischen Welt. Dies zeigt, wie sehr die USA auch im Krieg der Bilder in die Defensive geraten sind. Ausgerechnet jene Macht, die wie keine andere die visuelle Kriegsführung perfektioniert hatte, muss nun die Bilder fürchten – Fotos von den eigenen Taten ebenso wie ein grausames Video des Feindes. Auch interessant: ein SZ-Interview mit Klaus Theweleit zum Universalismus der Folter. berg-kommentar.html
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