2004-06-17

9/11-Kommission legt Abschlussberichte vor

--- Die Washingtoner 9/11-Kommission, die seit Monaten für Schlagzeilen sorgt, trifft sich seit gestern zu ihrer Abschlusssitzung. Dabei werden nach und nach die letzten Berichte des Gremiums zur Aufklärung der Hintergründe der Terroranschläge am 11. September 2001 veröffentlicht. Momentan verfügbar sind das Staff Statement No. 15, das einen "Überblick über den Gegner" verspricht, sowie das in den Medien stärker zitierte Staff Statement No. 16 mit dem Titel "Outline of the 9/11 Plot". In ihm werden der Hergang und die Vorbereitung der blutigen Anschläge auf das US-Territorium auf wenigen Seiten kompakt dargestellt. Zu den wichtigsten in den Medien angeführten Ergebnissen gehören: Der Terrorplan war ursprünglich von seinem Mastermind -- für die Kommission ist das Khalid Sheikh Mohammed und erst in zweiter Linie bin Laden -- viel größer angelegt worden. Zudem -- und das dürfte für die Spindoktoren der Bush-Regierung noch mal beschäftigen -- gibt es so gut wie keine Hinweise auf eine Verwicklung Saddam Husseins und des Iraks in die Flugzeugattentate.

Ein paar Auszüge aus Medienreporten: Spiegel Online berichtet: Das Armageddon sollte schon im Jahr 2000 kommen, in Form eines weltweiten, simultanen Luftangriffs. Eine Flotte aus zehn Flugzeugen wollte das Terrornetzwerk al-Qaida auf Ziele in den USA stürzen lassen, darunter auch auf Atomkraftwerke. Exakt zur selben Minute sollten, in einer parallelen Horrorwelle, mehrere Jumbojets über dem Pazifik zur Explosion gebracht werden. Doch waren diese Pläne am Ende zu teuer und zu aufwendig, und so gaben sich die Komplizen mit einer "gestutzten Version" zufrieden, deren Abwicklung eine halbe Million Dollar kostete. Der Termin, mehrfach aufgeschoben, war schließlich reiner Zufall: 11. September 2001. ... "Al-Qaida bleibt extrem interessiert daran, chemische, biologische, radiologische oder atomare Angriffe zu führen", warnt das Gremium. Die atemberaubenden Details schockierten selbst regierungsnahe Ausschussmitglieder: "Wie in aller Welt können wir je erwarten, diesen Krieg zu gewinnen?", fragte der Republikaner James Thompson. ... Monatelang bereiteten die al-Qaida-Terroristen ihre Tat vor, ohne dass die Behörden etwas davon mitbekommen. Sie flogen kreuz und quer durchs Land, stemmten sich in Sportstudios stark, absolvierten Pilotenschulen, trainierten sogar in offiziellen Flugsimulatoren. Sie ließen sich den "Hudson-Korridor" zeigen, jene Passage, die an Manhattan entlang zum Trade Center führt. Sie kauften Messer, Scheren, aeronautische Karten und ein Satelliten-Positioniersystem. Ihre Tickets erwarben sie im Internet, knapp zwei Wochen vor dem Flugtermin, als die Preise am billigsten waren. Das Restgeld überwiesen sie artig zurück auf die al-Qaida-Tarnkonten. Die New York Times sieht derweil Bush weiter in Bedrängnis geraten durch die Abschlussberichte: In questioning the extent of any ties between Iraq and Al Qaeda, the commission weakened the already spotty scorecard on Mr. Bush's justifications for sending the military to topple Saddam Hussein. Banned biological and chemical weapons: none yet found. Percentage of Iraqis who view American-led forces as liberators: 2, according to a poll commissioned last month by the Coalition Provisional Authority. Number of possible Al Qaeda associates known to have been in Iraq in recent years: one, Abu Musab al-Zarqawi, whose links to the terrorist group and Mr. Hussein's government remain sketchy. That is the difficult reality Mr. Bush faces 15 months after ordering the invasion of Iraq, and less than five months before he faces the voters at home. The commission's latest findings fueled fresh partisan attacks on his credibility and handling of the war, attacks that now seem unlikely to be silenced even if the return of sovereignty to the Iraqis comes off successfully in two weeks.

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Update: Rice und Tenet müssen noch mal ran, bevor die Kommission ihren umfassenden Endbericht im nächsten Monat vorlegen will