2004-11-11

Arafats Tod -- Neuanfang in Nahost?

--- Nachdem man sich bei Paris doch noch durchgerungen hat, die Maschinen abzustellen, wimmelt es nun an Nachrufen auf und kritischen Abrechnungen mit Arafat. Einen auch auf den Propagandakampf eingehenden Leitartikel zur Zukunft in Nahost bringt die FTD: Auf den Countdown folgt nun die Stunde null: Im Nahen Osten steht eine Zäsur an, und die Welt holt Luft - unschlüssig, ob sie den Atem anhalten oder tief durchatmen soll. Wenn die Palästinenser sich klug verhalten, kann sie durchatmen. Sicher: Mit dem Tod Arafats ist eine Legende des palästinensischen Kampfes zu Ende gegangen. Diese Legende, das über jeder Kritik stehende Denkmal Arafat, hat aber auch vieles verklärt und verdeckt. Seit Jahren schon war der Palästinenserführer ohne zukunftsweisende Agenda. Die Palästinenser haben jetzt, nach vier verlorenen Jahren Intifada, eine historische Chance. Entweder sie entscheiden sich für einen Arafat II., einen Nachfolger, dem es um Lautstärke, inszenierte Wut, Parolen und TV-Bilder geht. Einen, der die palästinensische Sache als PR-Kampagne begreift, die blutig um Aufmerksamkeit und Sympathien kämpft. Der junge Intifada-Führer Marwan Barguti, der in Israel im Gefängnis sitzt, steht für diesen Typ von Führer. Oder sie entscheiden sich für Realisten, die verhandeln wollen, von Israel und den USA als Partner akzeptiert werden und die so den Grundstein für die Gründung des ersehnten Palästinenserstaates legen könnten. Es ist eine Entscheidung, die die Zukunft der Palästinenser für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte prägen wird. Ein nicht unter heftigen Korruptionsverdacht stehender Arafat-Ersatz ist momentan allerdings nirgends in Sicht.