Bertelsmanns Lobbymacht weiter in der Kritik
--- B-Day heute bei Telepolis: Nachdem die Süddeutsche Zeitung im September bereits mit einem Bericht und Interview zum Buch Bertelsmann. Hinter der Fassade des Medienimperiums aufgewartet hatte, bringt das Online-Magazin heute ebenfalls einen Doppelpack. Die Autoren Böckelmann und Fischler beleuchten dabei im nachgedruckten Vorwurt zunächst die Bertelsmann Stiftung als Lobbyvorhut des Konzerns: Die Aktiengesellschaft repräsentiert die Sphäre von Profit, Macht und Einfluss, von der sich die Bertelsmann Stiftung als unabhängige und gemeinnützige Denkfabrik vorteilhaft abhebt. So lässt der Konzern vergessen, dass die Stiftung einen immensen politischen Einfluss ausübt und dabei stets den Profit des Unternehmens im Auge behält, aus dem sie hervorgegangen ist. Sie ebnet dem Medienimperium die Bahn für aktuelle Vorhaben, sorgt für die notwendigen Kontakte und vermag es, bei schwierigen Entscheidungsprozessen in den passenden Momenten nachzuhelfen. Über die Stiftung wirkt der Konzern in Deutschland und Europa auf undurchsichtige Weise an fast allen bedeutsamen sozial- und bildungspolitischen Reformen und sicherheitspolitischen Entscheidungen mit. Zudem schreiben sie über ihre Motivation zum Schreiben des Bands: Der eine von uns (Fischler) erlebte 1998, wie unduldsam der Konzern reagiert, wenn man an seine Traditionsfassade kratzt. Der andere (Böckelmann) registrierte bei seiner Tätigkeit als Medienwissenschaftler oftmals, dass bei Bertelsmann Methoden an der Tagesordnung sind, die man anderen Medienunternehmen, etwa der Kirch-Gruppe, als Lobbyismus, Verdrängungswettbewerb, unstete Bündnispolitik oder Unersättlichkeit übel ankreidete. Bei Bertelsmann hingegen werden sie ignoriert oder wohlwollend hingenommen. ... Nach unserer Beobachtung befinden sich viele Wirtschafts- und Medienjournalisten, Medienexperten und Politiker gegenüber dem Phänomen Bertelsmann in einem Haltungskonflikt. Aber sie leben mit diesem Konflikt seit zehn oder zwanzig Jahren. Auf ihm liegt schon die Patina der Resignation. Respekt vor Bertelsmanns Größe und Interesse an weiterhin guten Direktkontakten nach Gütersloh mischen sich mit Unbehagen über die aufgesetzte Firmenethik und mit Besorgnis über einen Staat im Staate, dessen Einflussgrenzen nicht erkennbar sind.
Neben der Werbeeinblendung für das Buch gibt es noch ein Interview mit Böckelmann. Da geht es viel um Entdemokratisierungsprozesse und Erziehungsprogramme made in Gütersloh. Noch hilfreicher wäre eine eigene Rezension gewesen, denn letztlich bleibt auch in dem Gespräch die von den Autoren ausgemachte besondere von Bertelsmann ausgehende Gefahr für die Demokratie recht verschwommen.
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