2004-11-29

Mehr Misshandlungen bei Bundeswehr gemeldet

--- Coesfeld ist kein Einzelfall. Nach Reporten über Misshandlungen in Ahlen meldet die Bild-Zeitung heute einen neuen "Folter-Fall" aus Kempten: Jetzt aber die ersten Horror-Berichte aus Bayern. Willfried Penner, der Wehrbeauftragte des Bundestags, sagte BILD: „Es gibt eine Eingabe aus Kempten. Auch dort sollen Rekruten nach einem Nachtmarsch mit verbundenen Augen in einen feuchten, kalten Keller gesperrt worden sein.“ Wegen der vielen jetzt bekannt gewordenen Mißhandlungen an Bundeswehr-Rekruten hat Verteidigungsminister Peter Struck eine Überprüfung der gesamten Bundeswehr angeordnet. Der SPD-Politiker kündigte an, daß Fehlverhalten unnachgiebig verfolgt werde. Struck weiter: Die Schwere des Fehlverhaltens der Ausbilder in Coesfeld gebe Anlaß zu größter Sorge. Agenturen vermelden die Nachricht bereits eifrig weiter. Sadismus scheint insgesamt bei der Bundeswehr (aber vermutlich auch in zahlreichen anderen Armeen) doch recht weit verbreitet zu sein. Struck wird sich bei seinem heutigen Truppenbesuch ganz schön ins Zeug legen müssen.

Update: In Nienburg an der Weser sollen Rekruten bei der Ausbildung gefesselt worden sein (Fall 4). Und die Berliner Morgenpost/Welt hat eine zum Thema passende "Pilotstudie" über "Gewalt gegen Männer" im Auftrag des Bundesfamilienministeriums ausgegraben: Knapp 60 Prozent der befragten Männer über 18 Jahren gaben demnach an, während ihres Militärdienstes "schikaniert, unterdrückt, schwer beleidigt oder gedemütigt" worden zu sein. 29 Prozent wurden "gezwungen, etwas zu sagen, oder zu tun, was sie absolut nicht wollten". 15, 9 Prozent der Befragten behaupteten, "richtig eingesperrt, gefesselt oder anderweitig in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt" worden zu sein. 10,3 Prozent wurden "erpreßt oder bedroht". 5,6 Prozent hatten "Verletzungen wie Schnittwunden, Knochenbrüche, Quetschungen oder Verbrennungen durch andere" erlitten. 2,8 Prozent wurden "geschlagen, geohrfeigt, getreten oder verhauen". ... Befragt wurden 107 Männer, die Wehrdienst geleistet hatten. "Das Ergebnis ist daher nicht repräsentativ", sagt Walter. "Es liefert aber wichtige Indizien für weitere Nachforschungen."

Diese Geschichte wird sich wohl endlos updaten lassen: Jetzt wird also auch noch von Scheinerschießungen berichtet. Schwacher Trost: auch in Großbritannien gibt es Hinweise auf Misshandlungen von Rekruten.