Ukraine: Der Ton wird härter - auch die Debatte um Hintermänner
--- Mit einem gewaltfreien raschen Sieg der Opposition und der sanften Revolution in Kiew wird es wohl doch nichts: Die Lage ist hochexplosiv, titelt beispielsweise Spiegel Online und verweist auf die drohende Eskalation: Die Opposition hat Präsident Kutschma ultimativ aufgefordert, die Regierung und abtrünnige Gouverneure zu entlassen. Spezialeinheiten des Innenministeriums haben Stellung bezogen. Heute wird das Oberste Gericht über die Manipulationsvorwürfe der Opposition entscheiden. ... Der heißeste Punkt im kalten Kiew ist um Mitternacht ein etwa zehn Meter breiter Korridor vor der mächtigen Säulenfassade des Präsidentenpalasts. Hier stehen Spezialeinheiten der Regierung von Wiktor Janukowitsch Anhängern von Oppositionsführer Wiktor Juschtschenko unnachgiebig gegenüber. Die aus dem Osten der Ukraine in heruntergekommenen Bussen eingefahrene Spezialtruppe von Präsident Leonid Kutschma steht wie eine dunkle Mauer vor dem weißen Gebäude mitten in der Stadt. Die Visiere ihrer schwarzen Helme sind heruntergeklappt, die Hände umfassen die Waffen. Vor den Vollstreckern der geballten Staatsmacht stehen Betonbarrikaden, die von den Demonstranten mit mannshohen Trauben orangefarbener Luftballons dekoriert wurden. Auf der anderen Seite des nasskalten Korridors ein ganz anderes Bild. Dort stehen orange gekleidete Menschen ohne Waffen - doch ebenso entschlossen, nicht zu weichen und weiterhin dafür zu sorgen, dass der Präsident oder ein Mitglied der Regierung nicht in den Palast kommt.
In vielen internationalen Blogs kocht das Thema derzeit ebenfalls hoch: Der amerikanische Politologe Daniel Drezner etwa beleuchtet anhand von Pressemeldungen den geopolitischen Hintergrund und verweist auf ein Time-Ukraine-Special mit einem Bericht zur künftigen Beziehung zwischen den USA und Russland: However the disputed election finally plays out, it has undermined the Bush Administration's cozy relations with Putin, at least behind the scenes. In his first term, Bush was willing to give Putin a free hand in what Russia calls the "near abroad," the states that spun off from the broken Soviet Union. At the same time, Bush has made encouraging democracy around the world a central pillar of his presidency. In Ukraine, those two policies clash mightily. Wie andere Blogger greift Drezner auch die hauptsächlich im Guardian von Ian Traynor vertretene These auf, dass etwa gar vor allem die CIA die ukrainische Oppositionsbewegung stütze, hält sie aber für wenig glaubhaft: to suggest that the U.S. government was the architect behind the massive demonstrations that ousted Slobodan Milosevic, Eduard Shevardnandze, and are threatening Leonid Kuchma overlooks a) The genuine resentment these leaders have generated among their populations; and b) The ability of the U.S. government to "coordinate" such a disparate bunch of organizations (Traynor's thesis requires the Bush administration to be in league with George Soros). There's an element of the paranoid style in these reports that sounds... vaguely familiar. Zudem nicht zu vergessen, dass die andere Seite natürlich die volle Unterstützung von Putin und seinen Spindoktoren hat, also definitiv (auch) nicht unbeleckt ist. Bei Bloggern direkt aus Kiew wie dem TulipGirl geht derweil die Angst um, dass das Kriegsrecht ausgerufen und hart gegen die Demonstranten vorgegangen wird. Dort auch eine Übersicht über andere Blogs mit dem aktuellen Schwerpunkt Ukraine wie das ebenfalls für die BOBS nominierte EuroPhobia oder das Gruppenblog Fistful of Euros.
Auch hier ein paar Update: Telepolis wirft die Frage auf, ob die pro-oppositionelle Berichterstattung nicht doch etwas einseitig ist, während sich die Opposition jetzt nicht mehr verhandlungsbereit zeigt gegenüber der Staatsmacht. Ob sie damit die rasche Wiederholung der Wahl erzwingen kann oder die Lage insgesamt nur weiter verschärft? Siegessicher zeigt sich Juschtschenko jedenfalls.
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