2004-12-11

Berlusconi kommt mit blauem Auge davon

--- Mailänder Richter haben Silvio Berlusconi, mythenumwobener italienischer Konzernchef und Ministerpräsident in einem, der Bestechung für schuldig gehalten. Glück für den Milliardär: Gleichzeitig sah das Gericht die Tat bereits als verjährt an. Berlusconi, der seit Jahren trotz mehrfacher Gerichtsverfahren und Verwicklungen in dunkle Geschäfte das Unschuldslamm mimt, präsentierte sich trotz des klaren Urteils natürlich als Sieger: In einer ersten Reaktion tat Berlusconi so, als ob er von den Richtern völlig entlastet worden wäre. Unter dem Titel «Lieber spät als nie» verbreitete seine Amtsstelle eine erste Stellungnahme, in der der Cavaliere erklärte, dass er Grund zur Unbeschwertheit und zum guten Gewissen gehabt habe, da er nichts verbrochen habe. Von einem ganzen Sieg sprach eigenartigerweise auch Berlusconis Anwalt Gaetano Pecorella, der Präsident des Justizausschusses der Abgeordnetenkammer ist. In diesem Triumphgebaren, in das noch andere Vertreter des Regierungsbündnisses einstimmten, ging fast die Ankündigung Pecorellas unter, dass man dieses Urteil doch anfechten werde, um die vollständige Absolution Berlusconis zu erwirken. Die Führer der Opposition betonten ihrerseits die Genugtuung, dass die Richter den Vorwurf einer übereifrigen Justiz widerlegt hätten und jedermann selber Gedanken darüber anstellen könne, was das Urteil für das Ansehen Berlusconis bedeute. ... Einen bitteren Nachgeschmack hat jedenfalls auch der Umstand hinterlassen, dass Ministerpräsident Berlusconi seit seinem Wahlsieg vor dreieinhalb Jahren alle politischen Hebel in Bewegung gesetzt hatte, um mit massgeschneiderten Gesetzesvorlagen die gegen ihn gerichteten Verfahren wegen Richterbestechung und Bilanzfälschung zu torpedieren oder um zumindest eine Verjährung zu erzielen.

Unfein auch für den Premier: Weniger als 24 Stunden nachdem der italienische Ministerpräsident Sivio Berlusconi einer Verurteilung wegen Korruption entging, wurde sein Geschäftspartner Marcello Dell'Utri wegen Mafiakontakten zu neun Jahren Haft verurteilt. Seltsame Freunde und Parteigenossen hat der Ritter der Arbeit.

Update: Der Spiegel berichtet über Berlusconis "gefährliche Freunde".

Update 2: Seit diesem Wochenende ist jetzt auch mein Buch von 1996 über Das Phänomen Berlusconi -- Verstrickungen von Politik, Medien, Wirtschaft und Werbung online unter einer "Creative Commons"-Lizenz als PDF verfügbar.