
--- Es kam, wie es kommen musste: nach dem
ganzen Bloggerhype der letzten Wochen hat sich nun also auch das "Wissenschaftsmagazin"
Planetopia von Sat.1 mit dem Thema Weblogs auseinandergesetzt (Video u.a.
hier) und dabei den Schwerpunkt auf "Internettagebücher als neue Informationsquelle". Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, die Technikmagazine anderer TV-Magazine wie
"Neues" von 3sat machen dies schon seit langem. Die Planetopianer kamen jetzt aber anscheinend hauptsächlich wegen der
Jamba-Geschichte von
Johnny auf das Thema und gingen -- von einem alten Medium her kommend -- recht skeptisch an die neue Informationsströme im Web heran, welche die Redaktion wohl auch einfach ein wenig beängstigte und rein quantitativ überforderte. So merken die Beitragsmacher denn auch rasch an:
Auch selbstverfasste Nachrichten werden in Umlauf gebracht. Frech, wer dürfte es wagen, das "traditionelle Medienmonopol" auf die Nachrichtenverbreitung zu knacken? Wir sind hier also mal wieder bei unserem
Lieblingsthema Weblogs und Mainstream-Medien, wobei sich nach meiner Ansicht beide Seiten ja letztlich wunderbar ergänzen (
mehr zum dummen "Kampf" zwischen Bloggern und Journalisten bei Mario Sixtus). Planetopia befragte nun
Prof. Christoph Neuberger, Kommunikationswissenschaftler: „Bei den Weblogs ist das Prinzip im Grunde genommen genau umgekehrt im Vergleich zu den traditionellen Massenmedien. Die haben Redaktionen, die zunächst prüfen, bevor etwas veröffentlicht wird. Bei Weblogs wird erst veröffentlicht und dann geprüft, wobei an dieser Prüfuzng (sic) die anderen online-Nutzer beteiligt sind, vor allem natürlich die Blogger, die in der Blogossphäre eng miteinander vernetzt sind.“
So sehr ich den Kollegen Neuberger und den Großteil seiner
Arbeit schätze: aber das stimmt so in der Pauschalität natürlich nicht ganz: Das meiste, was in Blogs publiziert wird, ging doch zunächst durch die angeblich auch so gute Prüfung der Redaktionen der Massenmedien. Wo sollten die armen Blogger denn sonst ihre News herbekommen? Natürlich hat der ein oder andere Weblogger auch Insider-Informationen. Aber wieso sollte er die nicht auch öffentlich machen dürfen, solange er über eigene Erfahrungen berichtet? In Weblogs wird das massenmedial Berichtete in der Regel aber doch "nur" kommentiert oder in eigene Zusammenhänge gestellt. Das mit der kollektiven Prüfung von Nachrichten in Weblogs ist so doch eine tolle Sache, nicht zuletzt kam es deswegen ja auch zu den
"Watchblogs". Sind sich doch alle einig, dass sich in die massenmediale Berichterstattung auch ab und an Fehler einschleichen. Wenn diese dann ein Blogger mal übernimmt, wie es Planetopia dem Schockwellenreiter bei einem schon recht "altertümlichen" Fall vorwirft, ist dann etwa der Blogger daran schuld? In der Regel wird er ja zudem sehr schnell auf den Fehler aufmerksam gemacht und bringt ein Update oder eine Ergänzung -- das ist ja das Schöne an der vernetzten Blogosphäre. Dass die Blogger aus unergründlichen Netzquellen irgendwelche Geschichten zusammentippen und verlinken und diese sich ungeprüft wie eine Lawine ausbreiten und gar von den Massenmedien "zwangsweise" übernommen werden, ist also wohl nicht so die große Gefahr, wie von Neuberger befürchtet.
Andererseits ist aber auch die Aufregung bei den ebenfalls geschätzten Bloggerkollegen (
Planetopia lügt, titelt der Schockwellenreiter und legt
heute noch mal nach mit einer Verdammis schier der dreiviertel Journalistenzunft, Johnny hat eine
"Zusammenfassung" der Lügenvorwürfe erstellt) nicht so ganz nachzuvollziehen. Mich hat die Sat.1-Redaktion auch angefragt wegen eines potenziellen Interviews für die Sendung. Aber als ich ihnen meine These von der weitgehenden Selbstkorrekturfunktion in den seriösen und auf ihren Ruf bedachten Blogs dargelegt habe, passte das wohl so gar nicht in das Konzept, das am Telefon ja schon recht deutlich wurde. Im
Medienrauschen finden die Kollegen denn auch, dass Johnny und der wellenreitende Jörg Sat.1 ja in erster Linie gar kein Interview hätten geben müssen. Oder im Gespräch halt noch deutlicher sagen müssen, wieso die Blogosphäre gut ist und was ihre Stärken und ihre Unterschiede im Vergleich zu den traditionellen Medien sind. Aber sowas passt vermutlich dann doch nicht in einen Privatsender.
PS: Mehr
Bloggerhype auch schon wieder in der FAZ. Und ach ja, eigentlich sollte man eher über
neue, gerade noch glimpflich abgelaufene, nichtsdestoweniger haarsträubende Entführungen im Irak und
Bushs weitere Drohkulisse gegen Iran ("Alle Optionen sind offen") berichten, was hiermit zumindest noch am Rande getan werden soll.
Update: Hübsch der dezente Warnhinweis bei wirres.net (
Kommentar zu Planetopia dort natürlich auch), den ich gleich mal oben eingebaut habe.
Update 2: Der
Senfstau (Name kommt
irgendwie bekannt vor ;-) möchte sich derlei Themen künftig anscheinend gern verstärkt annehmen.