Bezahlte Blogger, Politikberater und Medienaktivisten
--- In der amerikanischen Blogosphäre sorgt ein Fall für Furore, in dem mal wieder einige beliebte Debattenstränge rund um Blogger und Medienethik zusammenlaufen. Auslöser war ein Blogeintrag von Zephyr Teachout (die Frau heißt tatsächlich so) alias "Zonkette", den die Gelegenheitsbloggerin nach eigenen Angaben in Vorbereitung der Harvard-Konferenz Blogging, Journalisms & Credibility (findet Ende der Woche statt) geschrieben hat. Die frühere Co-Managerin des Internetwahlkampfs von Howard Dean verriet dabei einige bisher nicht allgemein bekannte Details der Netzkampagne: On Dean’s campaign, we paid Markos and Jerome Armstrong as consultants, largely in order to ensure that they said positive things about Dean. We paid them over twice as much as we paid two staffers of similar backgrounds, and they had several other clients. While they ended up also providing useful advice, the initial reason for our outreach was explicitly to buy their airtime. To be very clear, they never committed to supporting Dean for the payment -- but it was very clearly, internally, our goal. Der InstaPundit und andere rechte Blogger stürzten sich als erstes auf die Nachricht, denn Markos Moulitsas Zuniga und Armstrong gelten mit ihren Gruppenblogs DailyKos bzw. MyDD als die wichtigsten linken Blogger in den USA. Und dass sich diese anscheinend vom Dean-Team bezahlen ließen (prinzipiell für Technikberatung, aber gewünscht war eher inhaltliche Unterstützung), ist zumindest ein Skandälchen. Zumal gerade Nachrichten die Runde machten, dass der konservative TV-und-sonstwas-Kommentator Armstrong Williams satte 240.000 US-Dollar von der Bush-Regierung eingesackt hatte, um ein umstrittenes Ausbildungsgesetz, den hübsch betitelten No Child Left Behind Act, im Fernsehen undercover zu promoten.
Die Geschichte über die "Schmiergeldaffäre" ("Payola") erhielt richtig Zunder, als das Wall Street Journal Teachouts Posting aufgriff und ein wenig aufbauschte (vermutlich auch, um vom Williams-Skandal abzulenken). Armstrong und Zuniga mussten sich natürlich rechtfertigen, was im Fall des ersteren noch recht gut gelang: er hörte während seiner Arbeit für die Dean-Kampagne komplett mit dem Bloggen auf und konnte seine Hände so in Unschuld waschen. Bei DailyKos ist die Sache dagegen etwas heikler: Moulitsas postete zwar damals eine ausführliche "Full Disclosure"-Note, doch weder über die Höhe des Beratersalärs (3000 Dollar im Monat), noch über seine genaue Tätigkeit gab er Auskunft und verwies auf eine Verschwiegenheitserklärung: I will not discuss my role within the Dean campaign, other than to say it's technical, not message or strategy. I will also not discuss any of my other clients, including their identities (I have non-disclose agreements to which I must adhere). Zudem verwies Moulitsas inzwischen mehrfach auf den Unterschied zum Williams-Fall, da dieser ja auch noch Steuergelder bekommen hätte. Seine Mitblogger haben dazu auch eine kleine Tabelle gebastelt und andere "Prominente" aus der Dean-Kampagne geben ihm inzwischen Rückendeckung. Trotzdem bleibt ein unfeiner Nachgeschmack, wie ihn etwa ein Slate-Reporter zur Sprache bringt.
Die Story beweist zum einen erneut, wie sehr sich die Aufmerksamkeit auch der traditionellen Medien inzwischen auf die Blogosphäre und ihr Treiben richtet. Zu diskutieren ist in diesem Zusammenhang auch mal wieder die Selbstbeschreibung der Mehrzahl der Blogger gegenüber dem Arbeitsverständnis der Massenmedien (obwohl beide bekanntlich teilweise aufeinander zulaufen). Denn es dürfte inzwischen wohl klar sein, dass Blogger nicht unbedingt dem Mythos der Objektivität hinterrennende Qualitätsjournalisten sind, sondern "höchstens" Kommentatoren und Editorial-Schreiber, wenn man schon den Vergleich mit der Presse beibehalten möchte. Moulitsas selbst hat sich als "Aktivist" beschrieben, nicht als Journalist. Und über Kampagnen am Laufen haltende Blogger hat der Spindoktor auch bereits berichtet. Interessant dagegen, dass just der InstaPundit jetzt so sehr seine "Neutralität" herausstellt. Dabei fährt er in der Regel auch nichts weiter als Kampagnen zur Unterstützung der Bush-Regierung, wie ich in Krieg und Internet im direkten Vergleich mit DailyKos gezeigt habe. Das hat sich zwar inzwischen ein wenig gemildert, vom Tenor bleibt der InstaPundit aber politisch natürlich trotzdem ein konservativer Blogger. Aber dafür hat er ja auch seine Kritiker auf der linken Seite, sodass insgesamt die Selbstkorrektur in der Blogosphäre doch recht gut -- und vor allem besser als in den Mainstream-Medien -- funktioniert.
Update: Mehr zum Thema inzwischen auch in Salon.
5 Comments:
äh, sorry, ne.
Die Slate Story ist einfach Mist, Anschuldigungen ohne jeden Beleg (siehe auch http://digbysblog.blogspot.com/2005_01_09_digbysblog_archive.html#110581346292312207 ).
Kos war lange ein Deaniac bevor man dort auf die Idee kam ihn anzuwerben, und die Forderung nach Offenlegung der Höhe der Zahlung ist ja wohl ein Scherz, oder? Das machen AFAIK nicht mal "richtige" Journalisten, die legen auch nur potentielle Interessenkonflikte offen (oder auch nicht, wie der Fall Williams zeigt).
Ich halte es da mit John Cole, wahrlich niemand dem man eine große Liebe zu kos unterstellen kann: http://www.balloon-juice.com/archives/004648.html
Von der O-Reilly Geschichte wollen wir mal garnicht reden: http://talkleft.com/new_archives/009336.html#009336
Did you read the William Safire article in the New York Times today? Read it in the NYT or in my Blog: 'Blog in het Nieuws' and 'Blogs Spot-on' "The Depressed Press!
danke für den hinweis auf das nyt-editorial, das gibt es hier:
http://www.nytimes.com/2005/01/17/opinion/17safire.html
find ich aber relativ ok, hättes schlimmer ausfallen können ;-)
3.000 USD können ja noch als Aufwandsentschädigung durchgehen, bei 250.000 wie im Fall Williams sehe ich die Sache etwas anders.
Wie schön, ich kann mich in der Sonne meiner eigenen Transparenz räkeln ...
Hans Kolpak
public Effect
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