2005-01-05

Der lange Arm der Flutkatastrophe und der Spendenwettlauf

--- Die schwedische Regierung sieht sich schweren Vorwürfen wegen anfänglicher Untätigkeit nach der Flutkatastrophe rund um den Indischen Ozean ausgesetzt: Eine "gigantische Potemkinfassade", ein "unannehmbares Ausmaß von Unfähigkeit der Obrigkeit im bestorganisierten Land der Welt" - selten haben schwedische Zeitungen und die Öffentlichkeit die Regierung so scharf und einhellig kritisiert wie nach der Katastrophe in Asien. Noch immer gelten etwa 1.000 Schweden nach dem Seebeben als vermißt. Inzwischen haben sich Trauer und Sorge in Zorn verwandelt. Weil sie unzureichend reagiert habe, wird die Regierung zum Rücktritt aufgefordert; ihr wird eine späte und falsche Informationspolitik sowie anfängliche Behäbigkeit vorgeworfen: Zu spät seien Rettungsflugzeuge nach Asien geschickt worden. Schwedische Zeitungen wiesen darauf hin, daß Deutschland und vor allem Italien schon am ersten Tag rasch und entschlossen reagiert hätten. Mehr dazu bei Zeit.de: Für Schweden war Thailand zum neuen Mallorca geworden. Nun hat das skandinavische Land besonders viele Opfer unter den Touristen zu beklagen. Derzeit werden nach offiziellen Angaben etwa 2000 Schweden vermisst. In einem Land von neun Millionen Bürgern wären das 0,2 Promille der Bevölkerung – umgerechnet auf Deutschland, mehr als 16 000 Menschen. ... Umso mehr erregt es viele Schweden, dass Politik und Behörden spät und widersprüchlich reagierten. Es mangelte an Koordination, an Information und wohl auch am Willen. Die Außenministerin Laila Freivalds besuchte am Abend des Katastrophentages eine Theatervorstellung in Stockholm. Ihr Ministerium schien wie gelähmt. Und eine stolze Zahl von 370 Behörden mit eigenständigen Oberhäuptern fühlten sich mal mehr, mal weniger angesprochen.. Hm, bei so viel Unmut wird wohl ein Bauernopfer in der schwedischen Regierung fällig sein.

Die deutsche Bundesregierung mit dem vom Elbhochwasser krisengestählten Kanzler -- er verdankt seine Widerwahl schließlich mit einer Flutkatastrophe -- glänzt derweil genauso wie die bundesdeutschen Bürger mit Hilfsleistungen. Schon seit einer Woche versuchen sich die reichen Nationen des Westens an Großzügigkeit und Spendenkraft zu überbieten. Nun will sich das Bundeskabinett mit einem Hilfsversprechen in Höhe von 500 Millionen Euro also endlich an die Spitze der Geberstaaten setzen. Da tut es anscheinend nichts zur Sache, dass kein Mensch weiß, wo im Hartz-IV-Land die Staatskohle plötzlich herkommen soll. Und wo all die Spendengelder hinfließen, wird wohl letztlich auch keiner so genau verfolgen können. Aber Hauptsache, es wird jetzt erstmal zumindest symbolisch stark gehandelt. Verpennt hat diese Inszenierungschance übrigens lange der Bush-Clan: Der Präsident persönlich und die USA insgesamt haben erst spät verstanden, dass es nach dem Tsunami auch um ihr ramponiertes Image im südostasiatischen Raum geht. Noch-Außenminister Powell und Präsidentenbruder Jeb sollen es nun richten. Doch Pech auch für Bush, dass nun just in Washington seine pompöse, 40 Millionen US-Dollar verschlingende Inaugurationsfeier ansteht. Die Parties zusammenstreichen und das Gesparte spenden, meint der selbst nicht ganz arme Blogger Mark Cuban. Das geht Bloggern weiter rechts natürlich gegen den Strich.

Update: Kritik an den Hilfsleistungen der US-Regierung bei Telepolis: "Weniger als ein Tausendstel der Rüstungsausgaben"