2005-02-22

Bush in Mainz: Not welcome by all

--- In wenigen Stunden wird Bush in Mainz erwartet. Die abstrusen Sicherheitsmaßnahmen und die Auswahl des "kuschligen" Städtchens im Rhein-Main-Gebiet allein geben dem Besuch von Anfang an jenseits aller möglicher besprochener Inhalte einen faden Beigeschmack. Protestaktionen werden u.a. auf Not Welcome, Mr. Bush oder auf BushinMainz alias Bush-Alarm koordiniert: Die Gründe gegen Bush, Kapitalismus und Krieg auf die Straße zu gehen sind so vielfältig und verschieden wie wir selbst. Deshalb zählen wir sie hier nicht noch einmal auf. JedeR von uns hat seine eigenen Ansätze die Politik der Bush-Regierung, ihrer Verbündeten und damit auch die Politik der Rot-Grünen Bundesregierung zu kritisieren. Eine einseitige Fixierung auf Bush und antiamerikanische Ressentiments helfen dabei jedoch nicht weiter. Wichtig ist eben auch vor der eigenen Haustüre zu kehren. Mit dem Besuch in Mainz soll die bisherige Politik der Bush-Regierung malerisch und protestfrei abgesegnet werden. Wer Bush einen freundlichen Empfang bereiten will, billigt auch den Kriegskurs der Bush-Administration.

Die Presseschau zu Bushs bisherigem Europa-Aufenthalt haben Presseagenturen dankenswerterweise gleich abgenommen. Aus der Frankfurter Rundschau: Wenn Bush über die Zerwürfnisse zwischen den USA und führenden europäischen Ländern mit der Bemerkung hinweggeht, dass es keine amerikanische oder europäische Strategie gebe, sondern nur eine der Freiheit, zeigt er, wie wenig er begriffen hat. Das dürfte Befürchtungen in der Führung der EU befördern, dass Washington unter der 'einen Stimme', mit der Amerika und Europa nach Bushs Willen wieder sprechen sollen, die amerikanische versteht. Bush ist mit leeren Händen nach Europa gekommen. Was er will, ist nicht zu übersehen. In Irak schmerzhaft schnell an seine Grenzen geraten, sucht er wieder die Nähe von Partnern, denen er einen Teil der Lasten aufbürden kann. Etwas dafür zu geben scheint er nicht bereit zu sein. Dabei verkennt er, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Europäer sich einfach beugen. Ähnlich der Daily Mirror: Nicht nur der Schnee war schuld daran, dass George Bush in Belgien ein frostiger Empfang bereitet wurde. Es wird mehr als schöne Worte erfordern, um die Kluft zu überbrücken, die durch den Irak-Krieg des Präsidenten entstanden ist. Besser als Worte wäre eine Garantie dafür, dass die USA jetzt nicht auch noch Iran oder Syrien ins Visier nehmen. Außerdem erwarten die Europäer mehr Engagement im Umweltschutz - ein Versprechen, dass Amerika mit der Verseuchung des Planeten aufhört. Natürlich ist es wichtig, dass sich Europa und Amerika wieder näher kommen, aber Taten sagen mehr als tausend Worte. Und Ressentiments natürlich auch in Moskau bei Kommersant: George Bush setzt zum neuen Generalangriff an. Dieses Mal ist es aber kein militärischer, sondern ein diplomatischer. Ihm fällt diese Aufgabe wesentlich schwerer. Denn bislang kennt die Welt Bush nur als Kriegsherr, als Terminator, der auszieht, die "Diktatoren und Terroristen" zu vernichten. Washington spricht nicht mehr vom schwachen, sondern vom starken Europa. Das liegt aber nicht daran, dass die US-Führung plötzlich ihre Liebe zu Europa entdeckt hat oder vom alleinigen Weltmachtanspruch Abstand nimmt. Das Gegenteil ist der Fall. In diesen Tagen werden wir Zeugen, wie die USA versuchen, ihren Weg zur Vorherrschaft über die Welt zu optimieren. Eher frostige Zeiten trotz aller offizieller Beschwörung der Gemeinsamkeiten.

Update: Mehr zum Thema heute etwa in der Berliner Morgenpost unter den Titeln: Das Imperium lächelt zurück sowie Deutsche auf Distanz zu den USA. Also nicht nur erhöhte Skepsis gegenüber Bushs Amerika in den deutschen Medien, sondern auch in der Bevölkerung.

Update2: Das wollen wir natürlich nicht vergessen zu erwähnen: es gibt auch eine Pro-Bush-Kundgebung heute in Mainz, von einem Blogger mitorganisiert.