2005-04-15

Medienschelte von der SPD

--- Unter den Sozialdemokraten gibt es seit geraumer Zeit Kritik über die Art und Weise, wie Medien über die Arbeit der Regierung berichten. Jetzt hat auch Parteichef Franz Müntefering in seiner Grundsatzrede zur Rolle des Staates die Kritik erneuert. "Gesellschaftliche Macht gibt es auch außerhalb der durch Wahlen legitimierten Mehrheiten, ein Beispiel sind die Medien. Sie können der Demokratie dienlich sein oder auch nicht. Das Gelingen der Demokratie ist in hohem Maße abhängig vom Wissen, der Orientierung, der Urteilsfähigkeit und der demokratischen Integrität der Bevölkerung. Das müssen die Medien bedenken." Kurz darauf wird er noch konkreter: " Aufklärung setzt in dieser Gesellschaft auch Medienkompetenz voraus, die Fähigkeit, die Flut von Informationen und Meinungen zu gewichten und zu ordnen
und daraus eine eigene Position zu entwickeln. Dabei hilft Medienvielfalt (nicht -beliebigkeit), also freie, qualifizierte Medien, die Demokratie stärken und nicht mit dem Frust an Demokratie spielen, um mehr Auflage oder Quote zu machen. Öffentlichkeit ist in Zeiten der Aufklärung entstanden. Es ist gemeinsame Aufgabe aller, Öffentlichkeit auch weiterhin als einen Ort der Aufklärung zu gestalten."
Derzeit arbeitet die Partei an einem neuen Grundsatzprogramm. Dazu existiert auch bereits ein Impulspapier, wie es so schön heißt, zur Medienpolitik. Darin heißt es: "Freiheit der Berichterstattung und Medienvielfalt sind unabdingbare Voraussetzungen für die Demokratie, denn diese ist die Basis für qualitativen, ausgewogenen und kritischen Journalismus. Dafür werden wir die kulturelle und publizistische Unabhängigkeit der Medien vom Staat sowie mächtigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen sicherstellen." Offenkundig spielt der Staat aber dabei ein herausragende Rolle. "Ein wichtiges und bewährtes Element der Medienvielfalt ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, den wir – den neuen Herausforderungen entsprechend – fördern und weiterentwickeln wollen. Der Staat sieht sich weiterhin in der Verantwortung, die Rundfunk- und Pressefreiheit sowie die Qualität der Medien und des Journalismus zu erhalten und zu stärken. Das geht nur über eine starke Rolle der öffentlich-rechtlichen Anstalten, weil sie im Sinne ihres Auftrages für die Qualitätssicherung zuständig sind. Sie haben nach wie vor die Aufgabe der Meinungsbildung und Information."

1 Comments:

At 6:54 PM, Anonymous Anonym said...

"Gesellschaftliche Macht gibt es auch außerhalb der durch Wahlen legitimierten Mehrheiten". Das hat Müntefering richtig erkannt. Die Medien haben tatsächlich Einfluss. Und sie können dafür sorgen, dass Entscheidungs- und Einflussnahme-Prozesse transparenter werden. "Das Gelingen der Demokratie ist in hohem Maße abhängig vom Wissen, der Orientierung, der Urteilsfähigkeit und der demokratischen Integrität der Bevölkerung". Auch dieses Zitat weist darauf hin, dass Offenheit und Informiertheit über Machtinstanzen, ihre Interessen und Einflusswege in einer funktionierenden Demokratie wichtig sind.

Wenn Müntefering allerdings tatsächlich daran gelegen ist, auf transparente Entscheidungsprozesse in unserer Gesellschaft hinzuwirken, sollte er sich nicht nur auf die Medien beschränken. Denn erstens gibt es die recht intransparente Einflussnahme durch Unternehmenslobbyisten. Zweitens gibt es extrem intransparente semi-politische Instanzen, wie z.B. die Treffen der Bilderberg-Gruppe, an denen auch SPD-Politiker teilnehmen. Es wird Zeit, dass diese Zirkel nicht nur von Verschwörungstheoretikern diskutiert werden.

Es fällt auch auf, wie wenig der Regierung und wohl auch der SPD an Transparenz liegt, wenn es um Europa geht. Warum z.B. wird so wenig über den Inhalt der europäischen Verfassung diskutiert, oder über so problematische, aber weitreichende Regelungen wie den europäischen Haftbefehl in der deutschen Ausprägung (s. hierzu die Kommentare von Heribert Prantl in der Süddeutschen)?

 

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