Neuwahl: Alles bleibt beim Alten

Ich meine, dass die Alternativen, die die Parteien anbieten, um aus dem gegenwärtigen Schlamassel herauszukommen, auf diskussionswürdigen Annahmen beruhen. Erstens gehen fast alle davon aus, dass durch ein paar Maßnahmen die Vollbeschäftigungsgesellschaft wieder möglich wird. Zweitens nimmt man an, dass dies weitgehend durch einen nationalen Alleingang zu verwirklichen ist. Drittens soll das dank einer neoliberalen Medizin geschehen, die nun schon in den letzten vier, beziehungsweise sechs Jahren angewendet wurde. ... Auf all diese Fragen gibt es aber schon sehr interessante Antworten. Ich selbst habe darüber mit Gerhard Schröder diskutiert, kurz bevor er Kanzler wurde. Jetzt aber, wo es brennend wird, traut die Politik dem Wähler offenbar nicht zu, über Grundsatzfragen realistisch zu debattieren. ... Ich war damals Mitglied einer Zukunftskommission, die erstmals von Edmund Stoiber und Kurt Biedenkopf ins Leben gerufen wurde. Da wurde festgestellt, dass wir als zusätzliche Alternative zur Erwerbsarbeit die Bürgerarbeit brauchen. Bürgerarbeit heißt, dass die Menschen sich auf der Grundlage einer Basisfinanzierung für sinnvolle Projekte engagieren können. ... Eigentlich bräuchte Deutschland einmal eine Auszeit. Es kann diese rasende Geschwindigkeit, mit der nun relativ alternativlose Wahlen angeboten werden (man tauscht die Regierung durch die Opposition aus oder auch nicht) gar nicht gebrauchen. Das wird das Land nicht aus seinem Schlamassel befreien. Damit sich politisch etwas bewegt, müsste sich zunächst grundsätzlich etwas im Kopf bewegen. Die Alternativen, die eingeklagt werden müssen, mögen schmerzlich sein, sie eröffnen dann aber wirkliche Chancen für den Einzelnen. Erst wenn diese Debatte geführt wird, wird es Anhaltspunkte geben, welche Parteien sich dafür am ehesten öffnen. ... Wir gehen immer davon aus, dass nur eine Verbindung von Kapital und Staat hier eine angemessene Antwort formulieren könnte. Das ist die Vision des neoliberalen Staates, in dem die Politik sich eigentlich dauernd selbst entmächtigen muss. Und das auch noch sehr machtvoll tut, wie man jetzt gerade bei Schröder beobachten kann. Die Alternative wäre, dass sich Staaten stärker mit sozialen Bewegungen verbünden. Das würde eine zivilgesellschaftliche Wende der Politik bedeuten...Es wird immer klarer, dass ein hektischer Wechsel zu Schwarz-Gelb wohl wenig ändern würde an der viel beschworenen Misere hierzulande -- ein einfaches "Weiter so" zu Rot-Grün kann es aber auch nicht sein. Die Linkspartei ertrinkt derweil in Populismus. Die Entscheidung am 18. September wird nicht einfach. Die -- gerade von einem Andrang von heise-Lesern ziemlich lahmgelegte -- Fraktion der Nichtwähler dürfte auch wieder stark vertreten sein.
Und sonst: Übersicht über zahlreiche neue "Old Media"-Blogs im Dienstraum. Dort ebenfalls: Reich werden mit Blogs und Google-Werbung (in den USA).
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