Terror und Selbstmörder zehren an den Nerven
--- Die islamistischen Terroristen sind mit ihrer Strategie der Zermürbung der westlichen Demokratien momentan überaus erfolgreich. Allüberall werden neue Maßnahmen zur Simulation größerer Sicherheit vorgeschlagen, konkret vorbereitet sowie verabschiedet, statt eine aufrichtige Debatte darüber zu führen, ob wir den absoluten Überwachungsstaat wollen. Mit all seinen "Nebenerscheinungen" wie Rosa Listen für Homosexuelle in den Verbrecherdatenbanken der südlichen Bundesländer, die dort schon heute in "Freistaaten" angelegt werden. Denn letztlich könnte höchstens der Orwell-Staat eine gewisse erhöhte Sicherheit vor terroristischen (Selbstmord-)Attentaten bringen. Stattdessen wird noch immer mit dem Argument, die Freiheitsrechte müssten nun gegenüber der inneren Sicherheit "abgewogen" werden, hantiert, dass es einen Schutz gegenüber zu allem bereiten Extremisten bei gleichzeitiger Bewahrung bürgerlicher Freiheitsrechte gibt. Die Nerven liegen jedenfalls überall blank, Alternativen wie stoische Gelassenheit gegenüber dem Terror oder das knallharte Durchgreifen gegen "die Bösen" werden vorgebracht, was die innere Sicherheit eventuell noch durch die Durchsetzung der "äußeren Sicherheit" halbwegs gewährleisten könnte. Doch an der eigentlichen Big-Brother-Diskussion kommt man auch damit kaum vorbei. In Berlin scheint die Angst vor dem Terror jedenfalls langsam anzukommen, wie die Reaktionen auf den Doppeldecker-Absturz vor dem Reichstag zeigt. Beckstein und Co. sind da natürlich mit Luftabwehrraketen zur Stelle. In der Welt am Sonntag gibt es dagegen zumindest noch den Versuch eines balancierten Kommentars:
Wer Angst macht, hat Macht. Und wer Angst hat, ist machtlos. ... Als am Freitag, kurz nach 20 Uhr, ein roter Doppeldecker auf der Wiese zwischen Reichstag und Kanzleramt explodierte, hatten wir den 11. September, die Anschläge in Madrid, Moskau und London vor Augen. Wir hatten Angst vor dem Terrorismus in Deutschland. Später stellte sich heraus: Der Pilot lag nicht mit George Bush im Streit und auch nicht mit dessen "Achse des Guten" - sondern wahrscheinlich mit seiner Frau. ... Wir haben uns in den letzten Monaten in der Zuschauerrolle eingerichtet: Terror ist das, was im Fernsehen ist. Diese Haltung ist gefährlich. Es ist ein Trugschluß, daß Deutschland kein Terror-Ziel sein könnte, nur weil die Regierung Gerhard Schröders die Bundeswehr nicht in den Irak geschickt hat. Al- Qaida operiert auch in Hamburg, und der Suizid-Pilot von Berlin ist nicht nur von den Taten der Terroristen inspiriert worden, sondern hätte auch einer sein können. ... Die Angst der Bürger ermöglichte auch absurde Anti-Terrorgesetze. ... Doch Gesetze für die öffentliche Sicherheit sind nie optimal, wenn sie unter Angst beschlossen werden. Sie sollten nicht auf der Grundlage von Emotionen verabschiedet werden, sondern aus rationaler Abwägung zwischen Freiheitsrechten des einzelnen und der Sicherheit der Bevölkerung. ... Der Zwischenfall vor dem Reichstag ist kein Grund für Hysterie. Aber er zeigt, daß Deutschland für den Tag X schlecht gerüstet ist. Daß es notwendig ist, rational über Möglichkeiten der nationalen Sicherheit nachzudenken.Nur das mit dem rational nachdenken scheint momentan schon gar nicht mehr möglich. In London ist die Angst jedenfalls noch viel größer, was sich an der Tragödie um die Erschießung eines Unschuldigen in der U-Bahn klar zeigt. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, handelt es sich um einen Brasilianer, der absolut nicht mit Islamisten am Hut hatte. Von "Hinrichtung" ist da nun in brasilianischen Medien die Rede, was das gespannte Klima aber nur noch mehr aufheizt. Ein Glück nur, dass zumindest der britische Innenminister Charles Clarke die Ruhe weg hat: er will jetzt erst mal in den Urlaub fahren. Ägypten wird er ja vermutlich nicht gebucht haben.
Noch was anderes -- die Föderalismusdebatte: Wider die 16 Sonnenkönige. Der wichtigste Satz des Bundespräsidenten zur Neuwahl fiel fast beiläufig. Darin forderte Horst Köhler, endlich das Verhältnis von Bund und Ländern zu entwirren. Sollte die Reform scheitern, muß das Volk handeln. Ein polemischer Ruf nach der Guillotine, WAMS.
Weniger Geld für Parteienwerbung: Parteien sparen bei der Wahlkampfwerbung. Bundestagswahlkampf 2005 kostet 40 Millionen Euro weniger als der vorherige. ... Im Kommen ist auch weiterhin das Internet. "Insbesondere Weblogs sind en vogue. Außerdem schluckt das Netz wenig Geld", sagt Thomas Koch, Chef der Media-Agentur TKM Starcom.
Mehr Daten für den Wahlkampf oder: der gläserne Wähler: Parties Are Tracking Your Habits. Though both Democrats and Republicans collect personal information, the GOP's mastery of data is changing the very nature of campaigning.
Albtraum Irak: Defying U.S. Efforts, Guerrillas in Iraq Refocus and Strengthen. Despite months of assurances that their forces were on the wane, the guerrillas and terrorists battling the American-backed enterprise here appear to be growing more violent, more resilient and more sophisticated than ever, NYT.
Al-Qaida als großer Drahtzieher? Al Qaeda Leaders Seen in Control. Experts Say Radicals In London, Egypt May Have Followed Orders ... The officials and analysts also said the recent attacks indicate that the nerve center of the original al Qaeda network remains alive and well, WaPo.
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