2005-12-13

Folter: Der Rechtsstaat im Kampf gegen den Terror

--- Die Debatte um die Rechtmäßigkeit der Anwendung von Folter im Kampf gegen den Terrorismus ist eines der Hauptthemen in diesen Tagen. Angeheizt wird sie durch immer neue Erkenntnisse und Enthüllungen, wonach auch "gestandene" Demokratien ihre Widerstände gegen den Einsatz dieses zweifelhaften Mittels aufgegeben haben. Spiegel Online etwa berichtet über einen Art Fortsetzung des Fall Masri mit anderen Mitteln unter der reißerischen Überschrift: Vergessen im Folter-Knast:
In der Debatte über CIA-Methoden bleibt ein brisanter Fall meist unerwähnt: Der deutsche Terror-Verdächtige Zammer wurde entführt, vermutlich gefoltert und anschließend von deutschen Ermittlern vernommen. Die Bundesregierung versucht, die Fakten geheim zu halten. ... Der Fall Zammar ist ein Musterbeispiel des Verschleppungsprogramms der CIA. Seit dem 11. September 2001 ahnten amerikanische und deutsche Behörden, dass Zammar an der Rekrutierung der Todes-Piloten von New York und Washington beteiligt war - nur beweisen konnte man ihm nichts. Indizien wie Telefongespräche, Finanztransfers und Zeugenaussagen lagen reichlich vor, doch gerichtsfest war nichts davon. Die Deutschen gaben sich damit zufrieden, Zammar zu beobachten und abzuwarten. Als der Hamburger schließlich Ende 2001 nach Marokko reiste, verschwand er unter dubiosen Umständen, wurde per CIA-Privatjet nach Syrien verschleppt und dort unter landesüblichen Umständen verhört. Im Klartext: Rechtsstaatliche Konventionen spielten in Syrien keine Rolle. Aussagen von Mitgefangenen und Berichte von Amnesty International sprechen von folterähnlichen Methoden. In Deutschland wusste man zumindest bei den Geheimdiensten recht genau über den Vorgang bescheid. Dass die deutsche Regierung informiert war, lässt sich nicht beweisen, aber man muss es vermuten. Doch die Deutschen hatten ihre ganz eigenen Interessen. Zu gern wollten auch die deutschen Terror-Fahnder wissen, was Zammar ausgesagt hatte. Am Ende vereinbarte man mit den Syrern einen Kuhhandel.
Das Bundeskriminalamt hat zudem eingestanden, für seine Ermittlungen Aussagen verwendet zu haben, die zuvor durch Folter erzwungen wurden. Für morgen hat die Bundesregierung ja nun den "Tag der Aufklärung" über die CIA-Entführungen und die Vestrickungen der deutschen Politik gegeben. Da sind wir ja gespannt, denn bisher wird die Rolle der Deutschen als Erfüllungsgehilfen der CIA anscheinend kleingeredet.

Aber auch sonst beherrscht das Thema Folter die Nachrichten: Der Europarat-Ermittler Dick Marty etwa sieht glaubwürdige Hinweise darauf, dass der US-Geheimdienst Terrorverdächtige verschleppt hat. Er wirft den USA die Missachtung von Rechtsnormen vor. In den USA sorgen derweil erneut Meldungen für Aufsehen, dass in Militärgefägnissen im Irak weiter gefoltert wird. Der irakische Premier ist "not amused".

Und sonst: Eine andere überaus zweifelhafte Maßnahme im Anti-Terrorkampf steht morgen im EU-Parlament zur Abstimmung: Die Einführung einer Pflicht zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Heute gab es eine abschließende Debatte in Straßburg. Demnach könnte die Abstimmung sehr knapp verlaufen. Das ganze Verfahren ist derart zweifelhaft gelaufen, dass hoffentlich in der Nacht noch einigen Abgeordneten Bedenken kommen angesichts der sonst bevorstehenden Einführung eines Generalverdachts gegen alle 450 Millionen EU-Bürger.

Der Independent hat eine ernüchternde Bilanz der ersten "1000 Tage" des Irak-Kriegs erstellt. Ein paar Zahlen: $204.4 billion: The cost to the U.S of the war so far. 2,339: Allied troops killed. 30,000 : Estimated Iraqi civilian deaths. 0: Number of WMDs found. 66: Journalists killed in Iraq. 5: foreign civilians kidnapped per month.

Immer mehr Beteiligte bei Aktionen im Bereich "Citizen Journalism": People Contribute Record Number of Photos & Video to BBC After London Fire. People e-mailed the BBC with more than 6,500 photos or mobile phone video clips of the inferno at the Buncefield oil depot explosion yesterday.

Dazu passend: "Blogger verändern die Meinungsbildung". Der amerikanische Politologe Daniel W. Drezner geht davon aus, dass Journalisten sich mehr und mehr an Elite-Bloggern orientieren. Sie beeinflussen damit die Meinungsbildung in den Medien, sagte er der Netzeitung.

Unser Ex und seine lieben Russenfreunde: A Hund isser scho. Der Dreistigkeit, mit der der kaum aus dem Amt geschiedene Altbundeskanzler Schröder sich persönlich bereichern will, kann die SPD nicht nur mit lahmer Kritik begegnen. Schröder meint: "Ich bin erst 61 Jahre alt und will arbeiten."

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1 Comments:

At 10:56 PM, Anonymous Anonym said...

Na, das mit der knappen Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung war wohl nix. :-( War da der Wunsch Vater des Gedankens?

 

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