2006-01-24

BKA-Fahndung gegen islamistischen Terror

--- Da hat Fefe ja mal wieder was Heißes zugespielt bekommen, nämlich einen Katalog Verdachtskriterien islamistischer Terrorismus. Die Fahndungsliste soll vom Bundeskriminalamt stammen und sieht auch danach aus -- eine offizielle Bestätigung vom BKA gibt es aber noch nicht. Mehr dazu in Telepolis:
Seit der Affäre um ein BKA-Geheimdossier über den islamistischen jordanischen Terrorführer Abu Musab al-Sarkawi, über das der Autor Bruno Schirra im Magazin Cicero berichtete, gelten beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden verschärfte Sicherheitsregeln. Nun ist in einem viel gelesenen Weblog trotzdem erneut ein brisantes Dokument aufgetaucht, das tief aus der Fahndungskiste der wichtigsten Polizeibehörde des Bundes zu stammen scheint. Es handelt sich um einen umfassenden, eine Seite langen Katalog, der die Ermittler mit "Verdachtskriterien" gegen potenzielle islamistische Terroristen versorgt. Das Raster, das sich aus den Kennzeichen ergibt, ist ziemlich weit gestrickt. Theoretisch könnten sich in dem damit aufgebauten Fahndungsnetz auch viele Unschuldige verfangen. Merkmale wie das "Tragen von relevanten Abzeichen oder Symbolen" wie "verschleierte bewaffnete Kämpfer oder Reiter" und "sich kreuzende Schwerter unterhalb eines Korans" mit arabischen Schriftzügen sind wiederum so offensichtlich, dass ihre Aufzählung eher überflüssig wirkt. Die Augen offen halten sollen die BKA-Beamten gemäß dem Dokument mit Stand vom Juli 2005 konkret bei "vorwiegend 18- bis 45-jährigen Männern aus dem Nahen und Mittleren Osten, GUS, Nordafrika" und Südostasien. Frauen seien allerdings aus dem Raster auch nicht ganz auszuschließen, hält man sich in Wiesbaden offen für Eventualitäten. Verdächtig sind zudem muslimische "Konvertiten", auch wenn sie "deutsche Staatsbürger und Angehörige westlicher Staaten" sind. Ein "typisches Erscheinungsbild" wollen die BKA-Strategen nach den Erfahrungen mit den Anschlägen in London nicht nahe legen. Die potenziellen Terroristen könnten "traditionell muslimisch sowie westlich angepasst" auftreten. ... Selbst die häufige Nutzung von Mietwagen oder Mitfahrzentralen sowie der Hinweis auf "spezielle Kenntnisse" etwa zum Führen von Flugzeugen oder Waffen beziehungsweise auch ein "technisches Studium" erscheint verdächtig. ... Als typische Terroristenausrüstung können laut BKA selbst mitgeführte Reisetickets, Stadtpläne "mit markierten Örtlichkeiten" wie Flughäfen oder US-amerikanischen, britischen sowie jüdischen Einrichtungen und das Tragen von "Outdoor-Kleidung" gelten. ... Die Publikation des als "VS nur für den Dienstgebrauch" gekennzeichneten Dokuments in einem Weblog dürfte die Debatte über die Ausdehnung der Pressefreiheit auf Online-Journale sowie den Streit über die Verwertung von Geheimdokumenten in den Medien allgemein weiter anheizen.
Zur Erinnerung: hier die Kriterien zur ursprünglichen Rasterfahndung des BKA nach Schläfern nach dem 11. September.

Und sonst: Der Sonderermittler des Europarates für die CIA-Folter-Affäre, Dick Marty, hat jetzt einen langen Zwischenbericht vorgelegt. Telepolis dazu: Auch wenn es keine Bewiese für Geheimgefängnisse gibt, so ist die Praxis der Verschleppung durch die CIA im Fall des Deutschen el-Masri und des in Mailand entführten Abu Omar belegt. Marty geht davon aus, dass Hunderte von CIA-Flügen in zahlreichen europäischen Ländern stattgefunden haben. Und es gebe zahhlreiche kohärente und glaubwürdige Hinweise auf ein "vernetztes Foltersystem". Mehr als 100 Personen seien in den letzten Jahren damit heimlich und rechtswidrig transportiert worden: "Es ist sehr unwahrscheinlich", so Marty, "dass die europäischen Regierungen oder zumindest ihre Geheimdienste nicht davon gewusst haben." NZZ Online verweist in diesem Zusammenhang auch direkt auf die Rolle der Bundesregierung: Marty kritisiert in diesem Zusammenhang auch den neuen deutschen Innenminister Schäuble. Es sei diskutabel, wenn nicht alarmierend, wenn Schäuble die Verwendung von Informationen für akzeptabel halte, die mit dubiosen Methoden erlangt wurden, vorausgesetzt, dass der deutsche Geheimdienst selbst diese Methoden nicht anwende. Mehr zum Thema bei Dialog International und Agenturmeldungen in der Netzeitung.

Im Irak gibt es derweil einen neuen Entführungsfall, von dem zwei deutsche Ingenieure betroffen sind. Es handelt sich anscheinend um zwei junge Männer aus Leipzig. Das Auswärtige Amt hat einen Krisenstab eingerichtet und auch der bekanntlich über beste Beziehungen zum Irak verfügende BND will bei der Suche nach den Entführten helfen. Da kann man aber doch nicht gleichzeitig auch noch einen Untersuchungsauschuss gegen alte Sünden des Bundesnachrichtendienstes in Bagdad fordern? Dessen Einrichtung wird aber generell immer unwahrscheinlicher, nur die FDP und die Linke halten momentan an den Plänen fest.

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