2006-04-29

Islamistische Propaganda: al-Sarkawi zeigt Gesicht in Video

--- Die islamistische Propaganda war in der vergangenen Woche rund um den erneuten Anschlag auf der Sinai-Halbinsel in Ägypten wieder einmal schwer aktiv. Erstmals präsentierte sich im Reigen der Tonbänder und Videos auch der vor allem im Irak agierende Islamistenführer al-Sarkawi, der bisher immer sehr viele Mythen kreierte. Sein Video (über Ogrish.com etc. in Kurzfassung verfügbar) kann auf den ersten Blick aber sicher nicht als meistliche Propagandaleistung angesehn werden, zumindest überrascht es durch seine Unspektakularität. Spiegel Online hat eine recht ausführliche Analyse, wonach das Band trotzdem seine Wirkung entfaltet:
Das Video ist eine Sensation - und an Zynismus kaum zu überbieten. Terrorchef Sarkawi zeigt zum ersten Mal unverhüllt sein Gesicht vor einer Filmkamera. Er hat zugenommen, plaudert entspannt, kann sich frei bewegen. Die Unterstützer reagieren mit ekstatischer Begeisterung. Fünf Männer sitzen auf Teppichen auf dem Boden eines Hauses. "Im Namen Gottes", beginnt ein junger Mann, das Gesicht hinter einer schwarzen Mütze versteckt, seinen Vortrag: "Es ist uns gelungen, viele Soldaten zu töten." Die Moral der Kämpfer in der Provinz Anbar sei hoch. Auf einem Laptop führt er Videos vom Abschuss selbst gebauter Geschosse vor. Zu seiner Rechten sitzt ein etwas älterer Mann und hört aufmerksam zu. Es ist Abu Mussab al-Sarkawi, der Qaida-Statthalter im Irak. Nur der Bart unterscheidet sein Gesicht von den bekannten Fahndungsfotos. Die Szene stammt aus einem 34 Minuten langen Video, das gestern Abend auf islamistischen Websites zum Herunterladen verlinkt wurde. ... Der rote Faden der Ansprache ist eine Huldigung der "teuren Gemeinschaft der Muslime". Sarkawi preist die Mudschahidin im Irak dafür, dass sie den "Sturm der Kreuzfahrer aufgehalten" hätten. "Wir kämpfen im Irak, mit Blick auf Jerusalem", sagt er. Osama Bin Laden nennt er unzweideutig "unseren Emir". Dass der US-Präsident dessen jüngstes Angebot einer "Waffenruhe" abgelehnt habe, sei töricht: "Es wäre besser für ihn, er hätte es angenommen." Die US-Soldaten, erklärt Sarkawi, könnten im Irak nur noch schlafen, wenn "sie Schlaftabletten nehmen". Damit greift er ein zuletzt von Osama Bin Laden verwendetes Motiv der demoralisierten US-Armee auf. Die irakische Demokratie bezeichnet er als "Theater"; die Schiiten würden eine Tyrannei auf Kosten der Sunniten errichten. ... Sarkawi hat anscheinend einen Grad an Bewegungsfreiheit, dessen Zurschaustellung der US-Armee wenig gefallen dürfte. ... Hier präsentiert sich Sarkawi als ruhiger, überlegter Dschihad-Führer. Das war man von ihm bisher nicht gewohnt; normalerweise schreit er in seinen Reden am Rande des stimmlich Möglichen. Allerdings zeigt er zugleich, dass er nicht daran denkt, nur noch zu reden und nicht zu schießen. Ebenso gut denkbar ist freilich, dass Sarkawi nicht abseits stehen wollte, wenn der Rest der internationalen dschihadistischen Führungsspitze sich in kurzen Abständen meldet: erst ein Video von Osama Bin Laden, dann eine Rede von Aiman al-Sawahiri, schließlich die Anschläge auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel - vielleicht hat die Eitelkeit ihn zu dem Film bewogen.
Zuvor hatte bin Laden ein neues Tonband geschickt, während gerade sein Vize al-Sawahiri mal wieder im Video zu bewundern ist. Auf jeden Fall keine guten News für die US-Regierung, zumal die Kosten für den Irak-Krieg mal wieder steigen: Projected Iraq War Costs Soar. Analysis finds price likely to reach $320 billion after expected passage of new spending bill.

Viel Arbeit jedenfalls für den neuen Sprecher von Bush, der vom "Regierungssender" Fox kommt: Tony Snow Takes Spokesman Post. Choice of conservative commentator for press secretary may signal a less-insular White House. Jeder ist besser als der Scottie, scheint die Meinung der Medien zu sein. Eine weitere Stimme im Chat der Washington Post: Nessen on Snow Appointment. Former White House Press Secretary under President Ford discusses McClellan replacement.

Und sonst: Mehr vom Antiterror-Krieg: U.S. Outlines New Plans For Fighting Terrorism. Considered Pentagon's top priority, three documents envision expanded Special Operations role outside war zones, according to officials.

Unrühmliche Rolle der Bundesregierung in Verschleppungsaffäre: »Freilassung verhindert«. Ein Geheimdossier illustriert die beschämende Rolle der Regierung im Fall des Bremer Guantánamo-Häftlings Murat Kurnaz. Mehr zum Thema bei Dialog International: 1578 Days in Guantánamo

Noch mehr Verschleppungsnachrichten rund um die CIA-Affäre: EU-Parlament geht von 1000 CIA-Flügen aus. Der Zwischenbericht des europäischen Sonderausschusses nennt ein enormes Ausmaß der illegalen CIA- Gefangenentransporte. Es soll mehr als 1000 Flüge in Europa gegeben haben. Zuvor waren auch in Brüssel weitere Verstrickungen deutscher Dienste in die Folter-Affäre bekannt geworden: Ex-Botschafter beschuldigt BND in Folteraffäre. Der frühere britische Botschafter in Usbekistan ist überzeugt, dass der deutsche Geheimdienst Informationen aus Folterverhören erhalten hat. Hier auch noch mehr: Anwalt: Deutschland wusste von CIA-Transport. Einem Anwalt zufolge hat die CIA über Deutschland sechs Bosnier nach Guantánamo gebracht. Er wirft der Bundesregierung vor, rechzeitig Bescheid gewusst, aber den Transport nicht verhindert zu haben.

Da war doch noch was? Comeback der Politikerblogs.

Ups: USB-Sticks mit Folteranleitung der US Armee. Der Handel mit Speichersticks, die geheime US- Militärdaten enthalten, geht weiter. Auf einem Markt in Afghanistan wurden jetzt Datenträger mit Folteranleitungen verkauft.

Was wird aus Berlusconis Medienimperium? Kommunisten: Berlusconi muss "abspecken". Die italienischen Kommunisten fordern, dass die Medienmacht Berlusconis eingeschränkt werden muss. Die Mitte-rechts-Koalition protestierte. Aber dagegen: Prodi lehnt Mediengesetz gegen Berlusconi ab. Bei den italienischen Wahlsiegern gibt es Zwist über die Medienpolitik. Der künftige Ministerpräsident Prodi hat Forderungen widersprochen, die Medienmacht des derzeitigen Amtsinhabers Berlusconi per Gesetz zu beschneiden.

Weitere Eskalation im Mittleren Osten gerade noch zu verhindern? Iran bietet Kompromiss im Atomstreit an. Der Iran will der Atomenergiebehörde IAEA einen neuen Plan zur Beilegung des Atomstreits vorlegen. Viel Hoffnung auf eine schnelle Lösung der Krise besteht nicht: Präsident Ahmadinedschad bekräftigte zugleich seine Unnachgiebigkeit.

EU-Propaganda-TV: Brüsseler Regierungsfernsehen: Wenn man mit Steuergeld ein paar Agenturen bezahlte, die davon schöne Videos drehten, in denen nicht immer gleich gemeckert wird, und wenn diese Filme dann vom Fernsehen gesendet würden, wären dann nicht alle viel glücklicher? Es mag absurd klingen, aber Tobias Schäfer arbeitet in so einer Agentur. Sie heißt Mostra und befindet sich in Brüssel. Ihr wichtigster Auftrag- und Geldgeber ist die Europäische Kommission. Die Filme, die hier entstehen, werden Fernsehsendern überall zur Verfügung gestellt - kostenlos.

Mehr von den Lobby-Kraken: Die Medienberichterstattung über die Arbeitgeber-Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) übernimmt weitgehend die INSM-Perspektive und macht deren strategische Funktion für die Arbeitgeberverbände unzureichend transparent. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung von Christian Nuernbergk (Universität Münster). Und aus den USA folgender Bericht: Republicans Involved In Lobbyist Sex Scandal At The Watergate Hotel?

Wir sind immer noch Papst: "Großmutter, warum hast Du so lange Zähne?" Ist Benedikt XVI. ein Wischiwaschi-Papst oder doch ein Wolf im Schafspelz?

<a href="http://del.icio.us/esmaggbe/propaganda" rel="tag">propaganda</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/terror" rel="tag">terror</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/qaida" rel="tag">qaida</a>

2006-04-25

Springer: Fusion von Welt, Welt am Sonntag und Morgenpost

--- Im Springer-Verlag geht es rund. Künftig sollen die Online-Redaktionen von Welt, Welt am Sonntag und der Berliner Morgenpost zusammengelegt werden. Die Redakteure der Zeitungen sollen stärker kooperieren, was immer das heißt. Fakt ist: Die Welt macht seit langem Minus, die Mopo seit der Fusion mit der Welt wohl auch oder schwächelt zumindest. Man wolle den größten Newsroom der Welt schaffen, heißt es bei Springer. Na, mal sehen wie der aussieht - ein Großraumbüro für alle, die Fusion der Redaktionen?
Diskussion im FORUM.

2006-04-21

Bündnis für Erziehung:Süddeutsche misslingt Aufdeckung

--- Neben dem Spindoktor versuchen auch die Tageszeitungen immer wieder, dem Spinning der Politik auf die Schliche zu kommen. Die SZ versucht es heute gleich auf Seite 1 in ihrem Bericht über die Familienpolitik der großen Koalition. „Die Ministerin wies darauf hin, dass im Bereich der Kindergärten die Kirchen unter den freien Trägern einen Anteil von 72 Prozent haben. Allerdings ist diese Zahl irreführend, da die Gemeinden nicht mitgezählt werden. Der Anteil der kirchlichen Kitas an der Gesamtzahl beträgt lediglich 44 Prozent.“ Gut gebrüllt, nur leider falsch. Der Begriff „freie Träger“ bedeutet ja genau, dass die Betriebe der öffentlichen Hand nicht mitgezählt werden, also auch nicht die Kitas der Gemeinden. Warum also, hat sich die SZ in der Nachricht zu diesem Kommentar hinreißen lassen, der dort gar nicht hingehört - war es Unwissenheit oder gar Abneigung gegen die Ministerin oder die Kirchen in Deutschland?
Diskussion im FORUM.

2006-04-20

Rumsfeld vs. islamistische Medienmanipulationen

--- Der deutlich angeschlagene US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist der Ansicht, dass die islamistischen Terroristen rund um die al-Qaida die besseren Medienkrieger sind und die westlichen Gazetten ganz schön in der Hand haben. Gleichzeitig versuchte er das wachsende Desinteresse am "embedded journalism" zu erklären:
Rumsfeld said it was important to "recognize that the terrorists, Zarqawi and bin Laden and Zawahiri, those people have media committees. They are actively out there trying to manipulate the press in the United States. They are very good at it. They're much better at (laughing) managing those kinds of things than we are." Asked why fewer reporters were embedding in Iraq, Rumsfeld said he'd talked to one journalist, and "there was a kind of impression left that 'Well, if you got embedded then you were really part of the problem instead of part of the solution and you were almost going over to the other side,' argument. I think that's an inexcusable thought, and I don't know if that's the case." He did not explain why he mentioned that, not knowing if it was true.
Ansonsten muss sich der Kämpfer gegen die Achse des Bösen weiter mit der Debatte um seine Person herumschlagen, die eine ganze Reihe von Generälen vor einer Woche angezettelt haben. Newsweek hat die Palastrevolte gerade noch einmal aufbereitet. Losgetreten hatte die Diskussion zuvor die New York Times: Maj. Gen. Charles H. Swannack Jr., who led troops on the ground in Iraq as recently as 2004 as the commander of the Army's 82nd Airborne Division, on Thursday became the fifth retired senior general in recent days to call publicly for Mr. Rumsfeld's ouster. Also Thursday, another retired Army general, Maj. Gen. John Riggs, joined in the fray. "We need to continue to fight the global war on terror and keep it off our shores," General Swannack said in a telephone interview. "But I do not believe Secretary Rumsfeld is the right person to fight that war based on his absolute failures in managing the war against Saddam in Iraq." Kein Wunder, wenn inzwischen angesichts der düsteren Situation im Irak darüber spekuliert wird, ob nicht etwa eine "zweite Befreiung Bagdads" erforderlich sei. Heute geht die Times auch noch mal mit der inzwischen u.a. vom Weißen Haus aufgeführten Verteidigungsshow für Rumsfelds zu Gericht, die zuvor etwa mit Sprechblasen fürs Pentagon aufgezogen worden war.

Im Weißen Haus werden die Personalkarten dagegen schon neu gemischt und Köpfe rollen: Bush changes: Karl Rove shifts, press chief quits. Top aide to focus on midterm elections; McClellan parried tough questions. Siehe auch das Buy-Bye bei DailyKos. Hintergründe in der Washington Post: Much More Shaking Up to Come. Nobody's safe at the White House these days, as new chief of staff Josh Bolten swings his axe. Auf deutsch mehr zum Thema: Überraschung im Weißen Haus: Macht von Berater Rove eingeschränkt. Bushs Regierungsmannschaft wird heftig umstrukturiert. Nach dem Rücktritt des Pressesprechers McClellan musste nun Bushs engster Berater Kompetenzen abgeben.

Berlusconi macht sich weiter lächerlich: Zuerst erklärte er sich nach seiner Wahlschlappe zum moralischen "Sieger der Herzen", jetzt will er trotz seiner gerichtlich bestätigten Niederlage gegen Prodi mit seiner "Partei" Forza Italia weiter gegen die Realität ankämpfen und die Wahl anfechten.

Neues zur CIA-Affäre und den deutschen Verstrickungen: Staatsanwaltschaft verdächtigt CIA-Mann im Fall el-Masri. Wie das Magazin stern in seiner am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, gilt der CIA-Mann Thomas V. für die Staatsanwaltschaft als möglicher Verdächtiger. Thomas V., der von 1999 bis 2002 offizieller CIA-Resident im Generalkonsulat Hamburg war, könnte der "Sam" genannte deutschsprachige Mann sein, den el-Masri im Gefängnis in Afghanistan traf. Der Münchner Staatsanwalt Martin Hofmann stützt sich dabei auf Hinweise des Bundesnachrichtendienstes (BND). So, so, da scheint es ja nicht weit her zu sein mit der Freundschaft mit den Diensten momentan. Über V. berichtet der Stern übrigens schon ausführlich nach dem 11. September in einem Bericht über die "tödlichen Fehler der CIA": Thomas Volz ist bei seinen deutschen Kollegen nicht sonderlich beliebt. Wenn der gedrungene CIA-Agent wieder einmal in dem grauen Gebäude im Hamburger Johanniswall 4 vorbeischaut, verdrehen die Verfassungsschützer nur die Augen. "Der Kleine sitzt wieder beim Chef", sagen sie hinter vorgehaltener Hand. Der CIA-Agent erhofft sich Unterstützung bei seinen Ermittlungen in der Islamistenszene der Hansestadt. Volz behandelt die Hamburger Geheimdienstler herablassend. Er lässt sie spüren, dass er sie für Tölpel hält. Darum halten sich die Deutschen mit Informationen zurück.

Wird der BND nun gar noch transparent? Ende der Heimlichkeiten. Erstmals durfte ein Fotograf das Innenleben des BND ablichten. Erstaunliche Einblicke von Andreas Magdanz (s. auch BND-Standort Pullach).

Neuer investigativer Stern am US-Nachrichtenhimmel? Murray Waas is Our Woodward Now.

Pulitzer-Preise verliehen: Of particular note are: Nick Kristof, who might not be the best columnist in the world, but who's relentless focus on Darfur was superb; The Sun Herald, Biloxi, Miss. and The Times-Picayune, New Orleans for public service in the wake of Hurricane Katrina; James Risen and Eric Lichtblau of The New York Times for their work on warrantless wiretapping. Finally, and probably most deserved of all, Dana Priest of The Washington Post won for her beat reporting and "her persistent, painstaking reports on secret 'black site' prisons and other controversial features of the government's counterterrorism campaign."

Ups: Privatsphäre ist eine Krankheit im Antiterrorkrieg.

Hört sich interessant an, aber hoffentlich ist das nicht auf die im Handzettel erwähnte eine Fallstudie bezogen (die Verlagssite ist leider wenig aussagekräftig): Weblogs. Eine kommunikationssoziologische Studie. Via Schockwellenreiter.

Und wenn wir beim Thema sind: Deutsche bloggt aus dem Iran. Eine junge deutsche Islamwissenschaftlerin lebt in Teheran. In einem Weblog beschreibt sie seit kurzem, wie die Situation für Jugendliche in dem Land aussieht.

2006-04-18

Steuerquote: Zu hoch oder zu niedrig?

--- Die Spindoktoren der SPD sind wieder unterwegs. Wie so oft geht es um die Frage, ob die Steuern zu hoch oder zu niedrig sind. Die Wirtschaft kommt in Fahrt, da muss doch für den Staat etwas zu holen sein, anstatt sich Strukturreformen zu überlegen, um mit 255 Milliarden Euro im Jahr besser hinzukommen. Jetzt also hält wieder die "Steuerquote" als Argument her. Das Verhältnis von Steuerjn zum Sozialprodukt sei mit 20 Prozent auf einem historisch niedrigen Niveau, wettern die Genossen. Recht haben sie. Nur, ist das entscheidend? Während andere Staaten auch ihre Sozialsysteme über Steuern finanzieren, sind es bei uns Extraabgaben für Renten-, Gesundheits- und Pflegesystem. Obendrein wird jeder zweite Euro in Deutschland vom Staat ausgegeben. Einige andere Gegenargumente liefert noch die FAZ: "Die volkswirtschaftliche Steuerquote ist in Deutschland unter Schwankungen gesunken. Dies hat drei Gründe. Erstens wird seit 1996 das Kindergeld nicht mehr als Ausgabe gebucht, sondern als Abzug bei der Lohnsteuer. Das trug zum zwischenzeitlichen Tief im Jahr 1997 bei. Zweitens spiegelt die Steuerquote auch die Wirtschaftslage wider, weil wegbrechende Gewinne das Aufkommen aus der Körperschaftsteuer und auch aus der Einkommensteuer belasten. Unter anderem hierin gründet der Rückgang in den Jahren 2001 bis 2004. Drittens ist die Steuerquote ein Ergebnis der Finanzpolitik. So trugen die rot-grünen Steuersenkungen ebenfalls zum jüngsten Rückgang der Steuerquote bei, wie auch die Steuersenkungen der achtziger Jahre durch die damalige Regierung von Union und FDP."
Dikussionen im FORUM.

2006-04-13

Iran setzt weiter auf Machtspiele um die A-Bombe

--- Irans Präsident Ahmadinedschad "trumpfte" im Lauf der Woche mit der Meldung auf, sein Land sei jetzt eine Atommacht:
Der Iran hat nach eigenen Angaben sein international kritisiertes Atomprogramm vorangetrieben. Präsident Mahmud Ahmadinedschad erklärte am Dienstagabend in einer Fernsehansprache, iranische Wissenschaftler hätten am Sonntag erstmals Uran für die Herstellung von Kernbrennstoff angereichert. «Ich erkläre förmlich, dass der Iran dem Club der Nuklearstaaten beigetreten ist», sagte er vor hochrangigen Militärkommandeuren und Klerikern in der Heiligen Stadt Maschad. Die Anreicherung sei ein «historischer Erfolg».
Untermauert wurde das trotzige Drohgehabe mal wieder mit starken rhetorischen Aussprüchen gemäß dem Motto: Ahmadinedschad wünscht Kritikern den Tod. Zuvor hatte der alte Fuchs Seymour Hersh in seinem Stammblatt New Yorker mal wieder für Aufsehen gesorgt mit der Ansage, dass Bush den Iran nun endgültig im Visier habe und einen Angriff plane: The Iran Plans. Would President Bush go to war to stop Tehran from getting the bomb? (Mehr dazu u.a. in Telepolis). Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt: Bush hat spindoktorend erneut die Botschaft ausgegeben, dass es keine konkreten Kriegspläne gebe. Alles sei reine "Spekulation": President says his administration seeks a diplomatic solution to the standoff with Tehran, downplays doctrine of preemption. Andererseits ist auch mal wieder zu hören, dass der Iran noch "mindestens fünf Jahre" vom Bau einer Atombombe entfernt sei. Sehr beruhigend. Das US-Verteidigungsministerium rüstet derweil weiter kräftig auf: Das Pentagon plant einen Test mit 700 Tonnen Sprengstoff, um die Wirkung bunkerbrechender Waffen zu untersuchen -- manche gehen davon aus, dass damit die Wirkung von taktischen Nuklearwaffen getestet werden soll. Das Thema dürfte sich trotzdem weiter heiß laufen über den Sommer, irgendwann wird es wohl einen Knall geben, wenn nicht von beiden Seiten bald eine rigide Deeskalationsstrategie gefahren wird. Mehr dazu in Telepolis: Die iranische und die US-Regierung verschärfen den Nuklearkonflikt. Trotz des Desasters im Irak ist fast die Hälfte der Amerikaner nach einer Umfrage für eine militärische Intervention, wenn Iran weiter Uran anreichert.

Und sonst: Neues vom Terrorweb: "Vier normale Männer, die das Internet benutzten". Ein interner Bericht des britischen Innenministeriums sieht bei den Attentätern von London keine Verbindung mit al-Qaida oder anderen Hintermännern, dafür aber mit dem Internet. Dazu passend auch: Terrorists' Web Chatter Shows Concern About Internet Privacy. Und von den deutschen Geiseln im Irak gabs auch ein Lebenszeichen, worüber die Medien eifrig berichtet haben: "Bitte helft uns! Wir halten das nicht länger aus!". Irak: Deutsche Geiseln flehen auf neuem Video. Entführer drohen mit Ermordung der Ingenieure. "Letztes Ultimatum" an die Bundesregierung. Das Video gibts wie immer auf Schocksites wie Ogrish.com.

Zum Thema Terror auch noch weitere Rätsel über das Mysterium Sarkawi: Military Plays Up Zarqawi Role. Propaganda campaign paints Jordanian as foreign threat to Iraq stability, documents and sources say. Aber davon will man im Pentagon natürlich nichts wissen.

Die neue Einigkeit: Bloggers Join the Mainstream. A syndication service that delivers commentary from 600 bloggers for use by newspaper publishers is set to launch on Tuesday, further blurring the lines that divide blogs and mainstream media.

Schlechter Verlierer: Berlusconi: 1,1 Millionen Stimmzettel überprüfen. Ministerpräsident Berlusconi hat seine Äußerung, es habe bei der Parlamentswahl in Italien viele Betrugsfälle gegeben, relativiert. Vehement fordert er allerdings neue Überprüfungen. Siehe auch: Berlusconis Schlammschlacht: "Ihr dachtet, ihr seid mich los!" Und die Netzeitung spekuliert zudem noch über die Zusammenhänge zwischen dem Wahlergebnis und der plötzlichen Verhaftung des Mafia-Oberbosses Bernado Provenzano.

Die Lobbykrake ist angeblich gar keine: Die Netzeitung hat ein Interview mit dem neuen Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft geführt – allerdings ohne kritische Nachfragen. So kann Max Höfer behaupten, dass “wir [die INSM] keine Lobbyisten sind” und die Netzeitung macht das sogar zur Überschrift.

<a href="http://del.icio.us/esmaggbe/iran" rel="tag">iran</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/bush" rel="tag">bush</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/terror" rel="tag">terror</a>

2006-04-10

Bye bye Berlusconi?!!

--- Die Spannung steigt: noch bis 15 Uhr können die Italienier über ihr neues Parlament und ihren neuen Ministerpräsidenten entscheiden. In der Woche zuvor war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Silvio Berlusconi mit seinem Mitte-Rechts-Lager unter Führung der Forza Italia und dem Linksbündnis unter Romano Prodi erwartet worden. Der Wahlkampf war von dem Medienmogul Berlusconi in den letzten Wochen sehr polemisch geführt worden, da Prodi leicht führte in den Meinungsumfragen. Im filmischen Bereich hat man dem "Cavaliere" ja schon den Marsch zum Abschied geblasen, aber ganz wird er so oder so wohl nicht von der Politik (und den Medien) lassen. Und im Falle seiner Abwahl hat er schon angekündigt, eine großangelegte "Wahlfälschung" wittern zu wollen. Schon immer hatte Berlusconi ja dazu geneigt, seine eigenen Fehler in Verschwörungen der bösen Feinde gegen ihn umzuinterpretieren. Die "Todsünden" des Machtmenschen hat die Süddeutsche vor der Wahl in einem Kommentar noch einmal zusammengefasst:
Silvio Berlusconi als italienischer Regierungschef – das konnte nicht gut gehen. Denn der kleine Mann mit dem großen Ego hat die Politik nur als Werkzeug betrachtet, um sein Wirtschaftsimperium auszubauen und abzusichern. ... die Bilanz ist beschämend: Während Berlusconis Konzern erblühte, welkte Italien dahin. ... Das beginnt mit dem „Interessenkonflikt“, der tatsächlich ein Interessenskandal ist. Berlusconi als Herrscher über das Privatfernsehen schwang sich zum mächtigsten Mann im Staate auf, ohne von seinem Medienreich zu lassen. Die Folge war ein Kreislauf des Machtmissbrauchs. Berlusconis Sender pushten den Premier, und der Premier pushte seine Sender. So konnte keine pluralistische TV-Ordnung entstehen. ... Die zweite Sünde betrifft die dritte Gewalt. In jedem anderen westlichen Land wäre ein Mann, gegen den rund ein Dutzend Strafverfahren liefen, als Staatsmann unerträglich. In Italien aber hat Berlusconi die Justiz für unerträglich erklärt. Jahrein, jahraus beschimpfte er Richter und Staatsanwälte als „rote Roben“, Kommunisten, Umstürzler. Zugleich schlüpften Berlusconis Anwälte in die Rolle von Berlusconi-Abgeordneten, um Gesetze zu schmieden, die Berlusconi vor Strafverfolgung schützten. ... Die dritte Sünde ist eine außenpolitische: Berlusconi löste Italien aus dem Herzen Europas. So ließ der Premier kaum eine Gelegenheit aus, Stimmung zu machen gegen Brüssel, gegen Paris und Berlin, gegen Euro und Stabilitätspakt. ... Er stellt, Sünde Nummer fünf, die parlamentarische Demokratie insgesamt in Frage. Als ein durch Wahlen gesalbter Führer beruft er sich auf das Votum des Volkes und geriert sich als Komplize der Bürger gegen den eigenen Staat. ... Am schwersten aber wiegt, dass Berlusconi Italien gespalten hat. Er radikalisierte das großzügige, moderate Land und trieb die Bürger in politische Schützengräben.
Mehr zum Thema allerorten: Berlusconi verärgert Italiens Geschäftswelt. Mit großen Sprüchen hat Silvio Berlusconi bislang Erfolg in der italienischen Öffentlichkeit gehabt. Ausgerechnet kurz vor der Wahl sind aber selbst die Unternehmerverbände des Landes über seine Wortwahl erbost.

Google-Bombing vs. den Premier: Google verbindet Berlusconi mit "Scheitern". Wer im Internet nach "fallimento", dem italienischen Wort für "Scheitern" sucht, kommt zu Berlusconi. Anhänger des Regierungschefs wittern eine Intrige.

Berlusconi wittert landesweite Verschwörung. Silvio Berlusconi sieht sich vom Bösen umringt. Drei Tage vor der Parlamentswahl legte sich Italiens Premier mit dem größten Teil der italienischen Gesellschaft an. Gerichte, Presse, Geschäftswelt und Banken hätten sich gegen ihn verschworen.

"Berlusconi will die Herrschaft seines Clans auf ganz Italien ausbreiten". Paul Ginsborg, einer der profiliertesten Analytiker der italienischen Nachkriegsgeschichte, warnt im SPIEGEL-ONLINE-Interview vor einem weiteren Wahlsieg Berlusconis. Der Cavaliere werde sich sonst selbst in den Quirinalspalast bringen, den Sitz des Staatspräsidenten.

Gute englische Zusammenfassung: Elections in Italy: The End of the Silvio Show?

Herbst des Freibeuters. Die Ohnmacht des allmächtigen Alleinunterhalters, Wahlkämpfers und Cavaliere Silvio Berlusconi.

Und für Freunde einer vertieften Lektüre: Nach wie vor gibts mein Buch über das "Phänomen Berlusconi" frei zum Download (PDF) und einen Vortrag zum "System Berlusconi" mit aktuellen Ergänzungen vom Januar (PDF).

Update: Sieht danach auch, dass Berlusconi den Stuhl des Ministerpräsidenten räumen muss, denn Prodi liegt laut ersten Prognosen doch relativ deutlich vorn. Wer ein "italienisches Wunder" verspricht und es dann nicht bewirkt, kann sich eben trotz aller Medienmacht nicht ewig oben halten. Aber es könnte zu früh sein, vom "Ende einer Ära" zu sprechen, denn die selbsternannte Wiedergeburt Napoleons hatte es in letzter Zeit ja auch auf den Posten des Staatspräsidenten abgesehen.

Update2: Der Wahlkrimi scheint jetzt entschieden, Prodi hat wohl in beiden Häusern eine (hauchdünne) Mehrheit und sich zum Sieger erklärt.

<a href="http://del.icio.us/esmaggbe/berlusconi" rel="tag">berlusconi</a>

Platzeck tritt ab

--- Nun ist amtlich, was schon viele in der SPD erwartet haben: Matthias Platzeck tritt von seinem Amt als SPD-Parteivorsitzender zurück. Nachdem er vor rund 14 Tagen einen Hörsturz erlitten hatte, zog Platzeck nun die Konsequenzen. Sein Nachfolger soll Kurt Beck werden. Platzeck wurde zuletzt in den eigenen Reihen schon als "Landrat" verpöhnt, der auf der Bundesebene nicht zurecht komme. Da konnten nun also auch die Spindoktoren nichts mehr richten. Noch auf dem Bundesparteitag der SPD im November jubelten sie im Pressezentrum ob Platzecks Rede - die sie natürlich selbst geschrieben hatten. "Historisch" sei sie gewesen und eine Wendemarke für die SPD. Viele Zeitungen berichteten dann auch so; die wenigsten nahmen sie kritisch zur Kenntnis. Über die neue soziale Gerechtigkeit, die damals propagiert wurde, sonderte Platzeck heute noch einmal zwei Seiten im Spiegel ab, nachdem sie sonst medial nie richtig platziert werden konnte. Sein Abtritt scheint damit doch recht kurzfristig entschieden worden zu sein, ansonsten hätte er sein Pamphlet nicht noch im Spiegel veröffentlicht - der dreht es online jetzt so, als sei es sein Vermächtnis. Platzeck hatte auf dem Parteitag 99,4 Prozent bei der Wahl zum Vorsitzenden erhalten, so viel wie niemand zuvor in der SPD und das, obwohl die meisten Platzeck gar nicht kannten. Aber nach dem Abgang Schröders und dem Verlust der Regierungsmacht war das egal. Platzecks Spindoktoren freuten sich - andere nannten das Ergebnis auf dem Parteitag einfach nur "Angstkuscheln".

UPDATE: Platzeck begründet seinen Rücktritt mit seinem Gesundheitszustand. Er trete auf "dringenden ärztlichen Rat" hin zurück. Er habe einen "ersten Hörsturz" Anfang des Jahres gehabt, dann einen Nerven- und Kreislaufzusammenbruch im Februar. Er habe dem ärztlichen Rat nicht Folge geleistet. Dann im März ein Hörsturz mit "dauerhaften Einschränkungen des Hörvermögens". "Ich habe meine Kräfte überschätzt. Es hat keinen Sinn gemacht, weiter gegen die Wand zu laufen. Ich werde mich mit meiner ganzen Kraft meinem Bundesland widmen." das Präsidum habe einstimmig beschlossen, Kurt Beck als Nachfolger zu nominieren. "Es wird den modernen Sozialstaat geben. Er muss erkämpft werden. Dazu braucht es eine starke sozialdemokratische Partei in Deutschland."
Kurt Beck: "Die letzten Tage waren Tage der Betroffenheit."
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußert sich heute um 13.30 Uhr.

2006-04-08

Terrorabwehr, Network-centric Warfare und Spionage

--- Bei der Jungen Akademie gab es vergangenes Wochenende eine interessante Tage zum Thema "Abwehr". Aus meinem Telepolis-Bericht dazu über Schwärme, Staubsauger, Tarnkappen und das neue Krieger-Ethos:
Spätestens seit die Doppeltürme des World Trade Center in New York in sich zusammensackten, gelten "schattenhafte Netzwerke", wie es in der nationalen Sicherheitsstrategie der USA heißt, als die größten Feinde der liberalen Gesellschaft. Sie haben das Szenario der kommunistischen Unterwanderung aus dem Kalten Krieg als Bild vom Staatsfeind Nummer Eins abgelöst. In ausschwärmenden Netzwerken sehen Strategen aber auch die einzig mögliche Antwort auf die Herausforderung durch die weitgehend konturlosen, sich über die modernen Kommunikationsmedien koordinierenden Bedrohungsstrukturen. Damit ist das Dilemma verbunden, dass die Kämpfer für die äußere und innere Sicherheit selbst "am Rande" agieren und die Grenzen des Rechtsstaats hinter sich lassen. ... Der Anschluss ans Netz läuft den gegenwärtigen militärischen Kommunikationsweisen und Hierarchie-Ebenen der Befehlsgewalt jedoch komplett entgegen. ... Wie sich Geheimdienste in diese paradoxe Netzwerkwelt einfügen und welche Funktionen zwischen Aufklärung und Machtpolitik sie darin erfüllen könnten, skizzierte Hans-Georg Wieck, altersweiser und väterlich-fürsorglicher Ex-Präsident des inzwischen auch schon fünfzigjährigen Bundesnachrichtendienstes (BND), im Hauptvortrag der akademischen Veranstaltung. Undercover agierende Nachrichtendienste bilden für ihn das Rückgrat des auch für die netzwerkzentrische Kriegsführung ausschlaggebenden gigantischen Informationspools. Sie klären seiner Darstellung nach klassischerweise über Potenziale militärischer feindlicher Aktionen auf. Verstärkt würden sie aber auch die Grundlage für Entscheidungen etwa für die Beteiligungen an internationalen Krisenmissionen vorbereiten. In dieser Hinsicht begrüßt Wieck auch die beschlossene Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung jüngster Vorfälle wie der Tätigkeiten von BND-Agenten im Krieg gegen den Irak. Gemäß seiner Verfolgung der Vorgänge hätte nämlich zumindest der Auslandsnachrichtendienst selbst keine "aktive Hilfe" aus Bagdad "über die regulären Kanäle" an die USA geleistet. Vielmehr hätten die dorthin entsandten Beamten ihre ganz normale "Manöverkritik" erstellt und die Berichte "an die Regierung gegeben". Es sei damit durchaus von parlamentarischem Interesse, den weiteren Verlauf des Informationsflusses nachzuvollziehen. "Kritikwürdig" habe sich die Bundesregierung ferner bei der Entführung von Khaled al-Masri durch CIA-Agenten verhalten, da sie selbst die Abgeordneten über den Fall nicht in Kenntnis gesetzt habe. Zu erklären sei zudem, warum Beamte des Bundeskriminalamtes in Syrien gefolterte Personen verhörten, obwohl dabei eventuell erpresste Geständnisse generell nicht vor Gericht zu verwerten seien. Zu Gericht ging Wieck auch mit dem Verhalten der US-amerikanischen Kollegen im Vorfeld des Irak-Kriegs. Er nehme an, dass die CIA nicht von sich aus US-Präsident George W. Bush mitgeteilt habe, dass Saddam Hussein mit Osama bin Laden zusammengearbeitet hätte. Die Flugaufklärung habe wohl auch erbracht, dass keine Gefahr einer sich aufbauenden ABC-Waffen-Kapazität im Irak gegeben gewesen sei. Trotzdem hätte der US-Auslandsnachrichtendienst den damaligen US-Außenminister Powell mit nicht stichhaltigen Informationen im UN-Sicherheitsrat "ins Messer laufen lassen". Hier wäre laut Wieck "Mut vor Königsthron" erforderlich gewesen
Passend dazu auch: Erste Sitzung, erster Streit. BND-Untersuchungsausschuß: Vizevorsitz geht unter Protest von FDP und Linkspartei an die SPD. Und das auch noch: The defence secretary, John Reid, today called for a review of the Geneva convention on the treatment of prisoners of war, saying that the 20th-century rules of war were no longer sufficient. Mr Reid said sweeping changes were needed to the international code in order to counter the threat of "barbaric" global terrorism.

Bush, die Plame-CIA-Affäre und heftiges Spindoctoring: Disclosures Are Called Unrelated to Plame Case. Former White House official I. Lewis "Scooter" Libby's role in release of sensitive intelligence does not mean he deliberately lied, his attorney says. Zur aktuellen Vorgeschichte: Bush Allegedly Authorized Leak. Former Cheney aide tells prosecutors that Iraq intelligence was released to discredit a CIA adviser who had been a war critic. Mehr dazu bei Telepolis: Popularität der Bush-Regierung sinkt weiter in den Keller. Angeklagter "Neocon" Libby belastet Bush in Geheimdienstaffäre, zunehmende Widersprüche bei den Hardlinern.

Neues auch aus der NSA-Lauschaffäre: Wiretap Whistle-Blower's Account. Former AT&T technician Mark Klein speaks out in support of the EFF's lawsuit against AT&T for its alleged complicity in the NSA's extrajudicial electronic surveillance. Wired News presents Klein's public statement on the purported spying.

Hintergründe über das US-amerikanische Befinden anno 2006: Die Homogenität der westlichen Kultur wird maßlos überschätzt. Über die Bedeutung des 11.9. für die USA, den amerikanischen Fundamentalismus, den Anti-Amerikanismus und die Lust am Stil.

Was denn los bei "Al-Qaida" im Irak? Al Qaeda soll Zarqawi entmachtet haben. Einer der meistgesuchten Terroristenführe der Welt hat laut einem Zeitungsbericht seine Macht im Irak abgeben müssen. Rivalisierenden Aufständischen waren seine Taktiken zu brutal. Sarkawi würd ich den aber immer noch schreiben. Mehr zum Terror-Thema: Inside Qaida: 9/11-Planer rechnet mit Osama Bin Laden ab. Bisher geheime Aussagen des Terror-Planers Chalid Scheich Mohammed gewähren Einblicke ins Innenleben der Qaida und liefern neue Erkenntnisse über die Anschläge vom 11. September. Über Bin Laden äußert sich der Scheich wenig schmeichelhaft: Der sei geschwätzig, arrogant und machtgierig.

Die US-Dienste sind wachsam: Geheimdienste warnen vor iranischem Terror-Krieg. Hinter verschlossenen Türen diskutieren Sicherheitsexperten der US-Geheimdienste intensiv die Folgen eines Militärschlags gegen Iran. Als sicher gilt ihnen: Von Teheran gesteuerte Terrorgruppen würden weltweit mit gezielten Anschlägen zurückschlagen - auch in Europa.

Und das auch noch aus dem wilden Mittleren Osten: Iran Cracks Down on Bloggers. From sex to the Islamic bomb, Iranian blogs dive into the issues of the day. But the hard-line government, which can't stomach such openness, is cranking up an imposing censorship machine.

Der Lobby-Krake auf die Tentakeln geschaut: Das Corporate Europe Observatory hat eine neue virtuelle Tour durch das Lobby-Viertel in Brüssel online gestellt: www.eulobbytours.org. Man kann sich von der Webseite zu verschiedenen EU-Gebäuden und Lobby-Büros führen lassen und über den Lobbyismus in Brüssel und die Verbindungen zwischen Lobbygruppen und EU-Institutionen informieren lassen.

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2006-04-01

BND feiert krisengeschüttelten 50. Geburtstag

--- Kein Aprilscherz: Am 1. April 1956 nahm der Bundesnachrichtendienst (BND) als eine dem Bundeskanzleramt angegliederte Dienststelle seine Tätigkeit auf. Dem Ehrentag gedenkt unter anderem die Berliner Morgenpost:
Für Jubilare gibt es gewöhnlich Geschenke und Streicheleinheiten, für den Bundesnachrichtendienst (BND), der heute 50 wird, gibt es dagegen eher Ärger: Ein ausgerechnet gestern im Bundestag beschlossener Untersuchungsausschuß will ab Mai etliche Geheimnisse des Geheimdienstes öffentlich machen, und die Bundesregierung hat entschieden, daß die "Schlapphüte" ohne besondere Vergünstigungen von Pullach nach Berlin umziehen müssen. Turbulenzen zu BND-Geburtstagen haben Tradition. Zum 25. kanzelte Helmut Schmidt den "Dilettantenverein" ab, weil er auf einer DDR-Visite von dem Militärputsch in Polen überrascht wurde. Zum 40. kokelte die Affäre um unter BND-Aufsicht aus Moskau importiertes Plutonium. Den 50. überschatten gleich zwei Affären. Der Skandal um die Bespitzelung mißliebiger Journalisten war noch nicht verdaut, als der Verdacht aufkam, der Dienst habe gegen die erklärte Politik Gerhard Schröders im Irak-Krieg mitgemischt. Trotz Dementi bleibt der Auslandsgeheimdienst beschädigt. Denn wieder zeigt sich, daß dem BND so ziemlich alles zugetraut wird. So ist denn auch diesmal zum runden Geburtstag eher Tauchstation als eine glamouröse Fete angesagt. Der BND gibt sich heute gern als "kundenorientiertes Dienstleistungsunternehmen", dessen "Produkt" Entscheidungshilfen für die Regierung sind. "Soviel Transparenz wie möglich, soviel Geheimhaltung wie nötig", lautet die neue Devise, an die man sich jedoch nicht immer hält. ... Geblieben ist, daß Pannen, Flops und Affären öfter für Wirbel sorgen als Erfolge. Waffenlieferungen unter Umgehung des Bundessicherheitsrats nach Indien, Pakistan und Israel, trautes Tête-à-tête mit dem iranischen und Saddams Geheimdienst. Zwei BND-Vizes, die über schlüpfrige Affären stolperten. Die Blamage, daß sich der BND für teures Geld von eigenen Beamten recyceltes Uralt-Material als brandneue Infos andrehen ließ. Erfolge müssen dagegen meist "unterm Deckel" bleiben, etwa die Befreiung der in der algerischen Sahara entführten Touristen.
Mehr zur Geschichte des BND und seiner sich auch aus SS und Gestapo rekrutierenden Vorgängerorganisation "Gehlen" bei der Deutschen Welle und im Spiegel.

Und sonst: "Beruf Terrorist" bespricht das Buch "Der Nahe und der ferne Feind - Netzwerke des islamistischen Terrorismus" von Ex-Kanzlerberater Guido Steinberg.

US-Außenministerin Rice verquasselt sich total: U.S. Secretary of State Condoleezza Rice accepted on Friday the United States had probably made thousands of errors in Iraq but defended the overall strategy of removing Saddam Hussein.

Eingekerkert: 30 Jahre Haft wegen Anschlagsplänen auf Bush. Nach Auffassung eines US-Gerichtes plante ein Student einen Mord an Präsident Bush. Unter anderem dafür wurde er nun zu 30 Jahren Haft verurteilt.

Die Lobby-Krake: Sechs Jahre Haft für US-Lobbyisten Abramoff. Der ehemalige Lobbyist Abramoff muss für knapp sechs Jahre ins Gefängnis. Ein Gericht in Florida verurteilte ihn wegen Betrugs. Passend dazu: Senate Passes Lobbying Bill. Bill focuses on disclosure rather than limits on travel and gifts. Critics sought tougher ethics rules.

NSA-Abhörskandal: Starker Tobak im US-Senat: Bushs Handeln übertreffe noch Nixons Fehlverhalten in der Watergate-Affäre, sagte ein früherer Berater von Ex-Präsident Nixon in einer Anhörung des US-Senats zu Lauschangriffen, die George W. Bush ohne richterliche Genehmigung anordnete.

Neocons revisited: Imperialismus als Farce. Fukuyamas Abrechnung mit der verschworenen Gemeinschaft der Neokonservativen, seinen einstigen Bundesgenossen, für die der Irak-Krieg zum Fiasko wurde.

Watch-Blogs: Bagdad oder Istanbul? Aufklärung im Zeitalter des Internet. In vorbildlicher Manier eines investigativen Journalismus entlarvten Blogger die Manipulation eines kalifornischen Politikers, der mit einem falschen Foto zeigen wollte, wie "sicher" es in Bagdad ist. Original bei DailyKos.

Da geht das Geld für die Strafverfolgung hin: FBI Keeps Watch on Activists. The FBI, while waging a highly publicized war against terrorism, has spent resources gathering information on antiwar and environmental protesters and on activists who feed vegetarian meals to the homeless, the agency's internal memos show.

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