"Idomeneo"-Inszenierung mit rollenden Köpfen abgesetzt
--- Falsches Spiel mit dem Terror: Die Intendantin der Deutschen Oper Berlin, Kirsten Harms, hat die Wiederaufnahme einer umstrittenen Inszenierung der Mozart-Oper Idomeneo von Regisseur Hans Neuenfels abgesetzt, worüber sich u.a. Welt.de nebst Schäuble und Co. aufregen:
Der Fall ist im deutschen Kulturleben bisher einmalig: Während Berlins Bischof Huber die bevorstehende Islamkonferenz der Bundesregierung begrüßt, wird bekannt, dass die Deutsche Oper Berlin wegen befürchteter islamistischer Anschläge die ab dem 5. November geplante Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Idomeneo“ in der Inszenierung von Hans Neuenfels vom Spielplan nimmt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble reagierte empört auf die Absetzung. „Das ist verrückt“, sagte er am Montagabend in Washington. Ein solcher Schritt sei lächerlich und inakzeptabel. Hintergrund der Entscheidung ist eine Gefährdungsanalyse des Berliner Landeskriminalamts (LKA), das Hinweise über mögliche Störungen erhalten hatte, dazu aber auch aus ermittlungstechnischen Gründen keine weiteren Angaben machen wollte. Bislang habe aber weder eine konkrete Terrordrohung gegen die Oper vorgelegen, noch habe eine islamische Organisation einen Hinweis gegeben, dass das Stück die religiösen Gefühle von Moslems verletzen könnte. ... Neuenfels stellte ... dem (in der Oper sonst nicht selbst auftretenden) Poseidon als Vertreter der antiken Götterwelt die Religionsstifter Jesus, Buddha und Mohamed bei. Die stehen auf einem Gerüst rum und sitzen auch da, bis der letzte Opernton verklungen. Dann tritt der entmachtete Idomeneo erneut auf. Irr lachend hat er die Glaubensautoritäten enthauptet, ihre Köpfe werden als Trophäen in einem Sack präsentiert.Nun melden sich im Sekundentakt Kritiker zu Wort, die Harms den Marsch blasen wollen. Dabei hat sie anscheinend nur die Konsequenzen aus dem andauernden Terror der Terrorwarnungen gezogen. Eine provozierte Überreaktion quasi. Die Proteste kommen jedenfalls von mehreren Seiten: Nach Ansicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion komme diese Entscheidung einem „Kniefall vor Terroristen“ gleich. Der Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach warnte vor „Selbstzensur“. ... Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sagte, wenn aus Angst vor islamistischer Gewalt Opern abgesetzt würden, sei die Freiheit der Kunst in Gefahr. „Soweit ist es gekommen, dass die Freiheit der Kunst eingeschränkt wird“, sagte er. „Was wird das nächste sein? Werden wir die Freiheit der Rede oder der Predigt einschränken, nur weil wir Angst haben vor möglichen Anschlägen?“ Er sprach von einem „Prüfstein“ für die Haltung der Muslime zu den Werten der Gesellschaft. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) warnte ebenfalls vor Selbstzensur in der Kunst. Mit Bezug auf die Opern-Absetzung und die Verschiebung des Sendetermins für den Fernsehfilm „Wut“ in der ARD sagte Neumann, wenn die Sorge vor möglichen Protesten „schon zur Selbstzensur führt, dann gerät die demokratische Kultur der freien Rede in Gefahr“. ... CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, es sei unglaublich, dass die Kulturschaffenden hier vor Gewaltpotenzial zurückwichen und sich damit erpressbar machten. ... Ramsauer warf den Verantwortlichen des Opernhauses vor, nicht aus Respekt vor der Religion zu handeln. „Sondern das ist die nackte Angst vor Gewalt. Das ist nichts als pure Feigheit.“ Wie die Gegner der voreiligen Absetzung aber wohl bei einem Terroranschlag reagiert hätten? <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/terror" rel="tag">terror</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/zensur" rel="tag">zensur</a>, <a href="http://del.icio.us/esmaggbe/meinungsfreiheit" rel="tag">meinungsfreiheit</a>