In einem Bett: Medien und PR
--- Die NZZ berichtet über eine neue Studie zur Übernahme von PR-Material in den (Schweizer) Medien:
Wie selbständig berichten die Medien? Zu wenig, findet erneut eine Studie, welche die Leistungen von Lokalmedien in den Räumen Zürich und St. Gallen analysierte. «Was als Medienleistung erscheint, ist zu einem beträchtlichen Teil PR-Leistung», heisst es im Bericht, welchen die Publicom dem Auftraggeber, dem Bundesamts für Kommunikation, vorlegte. René Grossenbacher, der Forschungsleiter, findet damit seine Untersuchungen bestätigt, die er vor zwanzig Jahren durchführte. Danach agieren die Medien oft am Gängelband der Öffentlichkeitsarbeiter. Im aktuellen Fall untersuchte die Publicom, wie die elektronischen Lokalmedien die Pressekonferenzen der Zürcher und St. Galler Behörden verarbeiteten. Zwei Arbeitsmonate dienten als Forschungsbasis. Die Ergebnisse sind ernüchternd; sie bestätigen allerdings intuitive Eindrücke. So konnte man in gut der Hälfte der Berichte keinerlei inhaltliche Eigenleistung der Medien erkennen. Publiziert wurde die unveränderte oder lediglich gekürzte Fassung der Texte, die von den behördlichen Medienstellen zur Verfügung gestellt wurden. Nur 13 Prozent der Beiträge kamen eigenständig zustande. Nachrecherchen erfolgten selten. Begrenzt scheint überdies die Bereitschaft, die Quellen der verbreiteten Informationen offenzulegen. Nur ein Fünftel der Beiträge verwies auf die Medienkonferenzen als Basis. In der Regel werden allerdings die Personen genannt, von welchen die Informationen stammen. So vermittelt das Medium dem Publikum den falschen Eindruck, der Beitrag beruhe auf einer Eigeninitiative. In gut einem Viertel der Berichte werde aber auch dies nicht ersichtlich, hält die Studie fest. Die Quellen werden vor allem durch die Online- Medien und die privaten Fernsehsender verschleiert.Tatsächlich ist ja das Copy & Paste von Pressemitteilungen das "Geschäftsmodell" einiger "Newsticker" im Internet ohne jeglichen Verweis auf den Ursprung der "Nachrichten". Siehe auch einen Kommentar zum Thema in der NZZ: Die Kernaussagen der nebenstehend präsentierten Studie sind erschütternd: Die Medien arbeiten danach zu einem grossen Teil als blosse Transporteure von Botschaften aus den Werkstätten der Öffentlichkeitsarbeiter. Die Forscher sehen damit Untersuchungen (Barbara Bearns / René Grossenbacher) aus den achtziger Jahren bestätigt. Schon damals wurde errechnet, dass zwei Drittel aller von den Medien verbreiteten Meldungen aus Pressestellen und PR-Agenturen stammen. ... Die Medien betreiben somit in hohem Mass Etikettenschwindel. Das ist verwerflich. Dennoch muss man die genannten wissenschaftlichen Befunde relativieren. Eine wesentliche Aufgabe der Medien besteht darin, über Ereignisse und Entscheide in Politik und Wirtschaft zu berichten. Öfters handelt es sich um Informationen, die nicht kontrovers sind. Diese werden heute von den jeweiligen Kommunikationsabteilungen meist Medien-affin und professionell aufbereitet. Zudem sind Öffentlichkeitsarbeiter auf ein Vertrauensverhältnis mit den Medienschaffenden angewiesen. Durch Vermittlung gezinkter Informationen würden sie ihre Glaubwürdigkeit schädigen. Sie liefen Gefahr, den Zugang zu den Medienkanälen zu verlieren. Denn die Journalisten treffen die Auswahl unter den PR-Meldungen. Als Schleusenwärter nehmen sie eine Kontrollfunktion wahr. In diesem Sinne herrscht also kein universeller «Verblendungszusammenhang». Nicht alles, was aus PR-Werkstätten kommt, muss von vorneherein schlecht sein. ... Wenn man die Presse einbezogen hätte, wären die Resultate wohl etwas positiver ausgefallen. Während Websites, Privatradios und Lokalsender immer noch als Durchlauferhitzer funktionieren (daran werden Subventionsgelder kaum etwas ändern), liefert das gedruckte Medium am ehesten noch Einordnungen und Analysen. Angesichts der ökonomischen Schwierigkeiten steht allerdings auch die Presse unter Druck. Der Sparzwang gefährdet das Reflexionspotenzial. PS: Baerns heisst die Barbara aber, nicht Bearns.
Und sonst: media-blöd kämpft gegen Abmahnungen mit einer seltsamen Art von "Justiztourismus".
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