Iran übt sich in psychologischer Kriegsführung
--- Iran zieht in der Affäre um die 15 gefangenen britischen Soldaten weiter alle Register der psychologischen Kriegsführung. Gestern führte das iranische Fernsehen die "Eindringlinge" noch einmal vor, einer entschuldigte sich öffentlich beim iranischen Volk für die angebliche Verletzung des Territoriums:
"Alle 15 festgenommenen Soldaten haben akzeptiert, dass sie illegal in iranische Hoheitsgewässer eingedrungen sind", meldete das iranische Staatsradio heute Morgen. Der staatliche Sender al-Alam zeigte gestern Abend Aufnahmen zweier britischer Soldaten in Khaki-Uniformen, die an einer Landkarte die Positionen ihres Schiffs erklärten. ... In dem TV-Kommentar hieß es, beide hätten datailliert geschildert, wie sie in iranisches Gewässer eingedrungen seien. Zudem hätten die beiden angegeben, sie würden gut behandelt. Eine Sprecherin des britischen Außenministeriums bezeichnete es in einer ersten Reaktion als "nicht akzeptabel, dass diese Bilder gezeigt werden".Ein Video-Mitschnitt des TV-Auftritts der beiden Gefangenen findet sich etwa bei LiveLeak, ein Bericht über die Darstellung der Affäre in iranischen Blogs bei Spiegel Online.
Ungeachtet der neuen Videoaufnahmen bemüht sich London weiter mit diplomatischen Mitteln um die Freilassung seiner Soldaten. Dazu seien interne Gespräche im Gange, berichtete der Sender BBC heute unter Berufung auf Regierungskreise. Bereits am Wochenende zeichnete sich ab, dass London nun den direkten Kontakt zu Teheran sucht. Großbritanniens Außenministerin Margaret Beckett und Verkehrsminister Douglas Alexander bekräftigten ihre Bereitschaft zum Dialog. Sie sprachen allerdings nicht die von Teheran geforderte Entschuldigung aus. Verteidigungsminister Des Browne bestätigte, dass es zur Lösung des Konflikts "direkte bilaterale Kommunikation" mit den Iranern gebe. Einzelheiten nannte er nicht. Die Zeitung "Sunday Telegraph" zitierte einen Mitarbeiter aus dem Verteidigungsministerium mit den Worten: "Wir sind bereit, uns mit Iran über die Garantie zu einigen, dass wir niemals ohne ihr Einverständnis in ihre Gewässer eindringen, weder jetzt noch in Zukunft." Das Angebot sei aber kein Schuldeingeständnis oder eine Entschuldigung. "Ich glaube, die ganze Welt bedauert die Situation, die entstanden ist, und deswegen wollen wir einen Ausweg finden", sagte Außenministerin Beckett. Eine Lösung solle auf friedliche Weise und so bald wie möglich gefunden werden.
Derweil fällt das neue Schlachtenepos 300 von Warner Bros. bei den Iranern nicht ganz zu Unrecht unter die Kategorie westliche Propaganda: „Ganz Teheran ist in Aufruhr“, meldet das Magazin Time. Raubkopien des Films „300“ hatten die iranische Hauptstadt erreicht. „300“, die Verfilmung eines Comics von Frank Miller über die Schlacht zwischen Persern und Spartanern 480 vor Christus an den Thermopylen, hat gleich am ersten Wochenende 70 Millionen Dollar eingespielt. ... er Film zeichnet zwei Welten: die der Spartaner, in der schon die Säuglinge abgehärtet werden und die Achtjährigen den Schwertkampf mit ihren Vätern führen, und die Welt der Perser, in denen Laszivität, Korruption, Verweichlichung und Grausamkeit herrschen. „Hollywood hat eine neue Front im Krieg gegen den Iran eröffnet“, hieß es in den Abendnachrichten der staatlichen Fernsehanstalt Irans, und die Tageszeitung „Ayende-No“ schrieb: „Der Film präsentiert die Iraner als Dämonen, ohne Kultur, Gefühl oder Menschlichkeit, die an nichts anderes denken als daran, andere Nationen anzugreifen und Leute umzubringen. Es ist ein weiterer Versuch, das iranische Volk und seine Zivilisation in den Augen der Weltöffentlichkeit anzuschwärzen, in einer Zeit zunehmender amerikanischer Drohungen gegen den Iran.“ Die größte iranische Tageszeitung „Hamshari“ erklärt, der Film „dient den Interessen der amerikanischen Führung. Er wird eine Welle des Protests in aller Welt auslösen. Iraner in Amerika oder in Europa werden eine solche Beleidigung nicht hinnehmen.“ Javad Shamgari, der kulturpolitische Berater des Präsidenten Ahmadinedschad, erklärte, die USA wollten „Iran demütigen und die historische Realität verdrehen, um ihre eigenen Fehler wieder gutzumachen, indem sie amerikanische Soldaten und Kriegstreiber anstacheln.“ Der Iran, der sich wenig empfindlich zeigte, als es um die Versammlung internationaler Holocaust-Leugner auf staatliche Einladung ging, hat bei der Uno in aller Form gegen die Darstellung der (vorislamischen) Perser in „300“ scharf protestiert. ... Aber auch unter den westlichen Filmkritikern sorgt „300“ für Unmut. Die Besprechung in „Filmstarts“ nennt ihn gar „faschistische Propaganda“. Auch der Kritiker des „New Yorker“ äußert Verständnis für die erbosten Iraner. „Vielleicht haben die Iraner Schwierigkeiten zu verstehen, dass bei uns nicht die Regierung einen Film bestellt, sondern die Studiobosse. Aber man kann den Iranern nicht vorwerfen, dass sie keinen rechten Humor für unsere Popkultur haben. Sie haben in gewisser Weise recht: ‚300’ ist eine politische Fabel, die der gegenwärtigen Lage unheimlich auf den Leib geschneidert scheint. Wie viele antike Armeen sind, wie es hier von den Spartanern heißt, für die „Vernunft“ in den Krieg gezogen? Ein Hauch von Verachtung für den Osten – was Edward Said Orientalismus nannte – entsteigt aus dem Schlachtgetümmel, und macht ‚300’ zu einem Epos über den Aufstieg der Demokratie.“ Entstanden in einer Zeit der Frustration, in der Amerikaner „einen Krieg führen, den sie weder gewinnen noch beenden können, wirkt ‚300’ wie das Produkt einer Kultur, die langsam und schmerzhaft durchdreht.“
Und sonst: Aufregung ohne Berechtigung im Fall Kathy Sierra? Call for blogging code of conduct. The support for a blogger hounded by death threats has intensified with some high profile web experts calling for a code of conduct in the blogosphere. The female blogger at the centre of the row has been shocked to discover that hers is not an isolated incident.
Labels: iran, propaganda, weblogs
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