2007-05-22

Sarkozy und die Medienmanipulation

--- Der WDR vergleicht Frankreichs neuen Staatspräsidenten mit Berlusconi:
Nicht zufällig war Nicolas Sarkozy im Wahlkampf der Lieblingskandidat des Fernsehens. Wo er auftrat, stiegen die Einschaltquoten. Und der polarisierende Politiker, den die einen als Hoffnungsträger und die anderen als gefährlichen Demagogen betrachten, wusste die Spielflächen zur besten Sendezeit zu nutzen. Die Regie seiner sorgsam inszenierten Auftritte besorgte eine Werbefirma, deren Besitzer eingeschriebenes Mitglied seiner Partei UMP ist. Die Agentur produzierte zusammen mit TF 1, dem Sender von Martin Bouygues, die offiziellen Aufnahmen. So feilte Sarkozy via Bildschirm am eigenen Image. Als hilfreich erwies sich dabei, dass der vormalige Innenminister wie keiner vor ihm beste Kontakte in die Chefetagen der Medienlandschaft besitzt. Und der ebenso ehrgeizige wie machthungrige 52-Jährige, den viele in Frankreich mit Napoleon vergleichen, wusste sie zu nutzen. Zum illustren Clan, den der nur 1,65 Meter große Mann mit der steilen politischen Karriere um sich schart, gehören neben dem Bauunternehmer und Trauzeugen von Nicolas und Cecilia Sarkozy Martin Bouygues, dem Milliardär Vincent Balloré und dem Präsidenten des Luxus-Güter-Konzerns LVMH Bernard Arnault auch Frankreichs Medienzar Arnaud Lagadère, seines Zeichens Besitzer des Rundfunksenders Europe 1 sowie einer Reihe von Illustrierten wie "Paris Match" und diverser Provinzzeitungen, ferner Nicolas Beytout, Chefredakteur der konservativen Tageszeitung "Le Figaro", des weiteren Rüstungsunternehmer und Herausgeber des "Figaro" Serge Dassault sowie der Präsident des Nachrichtensenders LCI Jean-Claude Dassier. ... Die Nähe von Macht und Medien und Sarkozys bonapartistische Attitüde gegenüber der Presse beobachten Vertreter der Zunft mit Sorge. Schon ist von einer "Berlusconisierung" der französischen Medien die Rede. Sarkozy schränke die Presse- und Meinungsfreiheit ein, sein Arm reiche bis in die Redaktionsbüros hinein und verringere dadurch die Spielräume einer differenzierten und kritischen Berichterstattung, so der Tenor. "Ich habe das beim Figaro-Magazine erlebt: Wenn ich etwas schrieb, das nicht komplett auf der Sarkozy-Linie lag, bekam ich einen Anruf von Serge Dassault, dem Besitzer des ‚Figaro' und ‚Figaro Magazines'", sagt Joseph Macé-Scaron. "Mich hat die Berichterstattung über die Wahlkampagne von Nicolas Sarkozy an die Presse in der Sowjetunion in den 1950er Jahren erinnert - reine Propaganda." ... Hinweise auf Einschüchterungsversuche, Drohgebärden und Einflussnahme bei Personalentscheidungen seitens des früheren Innenministers gibt es in der Tat. Nachdem "Paris Match" auf dem Titelfoto Cecilia Sarkozy mit einem Liebhaber zeigte, wurde Chefredakteur Alain Genestar entlassen. Ohnehin gilt die Illustrierte bereits als eine Art Hausblatt der Sarkozys. Als die linksliberale "Libération" unter dem Titel "Der Verdacht" über den niedrigen Preis von Sarkozys Luxuswohnung berichtete, beschwerte der sich bei Hauptaktionär Edouard de Rothschild über die "Scheiß-Zeitung". "Man muss wachsam sein", meint deshalb Laurent Joffrin, Chefredakteur des Blattes, "denn es gab und gibt einige Fälle, die schwer zu verurteilen sind". Die Verflechtung von Medien und Konzernen, die von Staatsaufträgen abhängig sind, sei grundsätzlich problematisch, weil dieser Interessenkonflikt die Pressefreiheit beschränke.
Und sonst: In der Redaktion von Vanity Fair in Berlin Mitte herrscht zwei Stunden vor Redaktionsschluss gerade Stromausfall. Man darf gespannt sein auf die nächste Ausgabe.

Großbritannien arbeitet weiter an der Perfektionierung der Überwachung: Britische Polizei setzt erste Drohne ein und Britisches Innenministerium arbeitet an der Spitzelgesellschaft.

Presse-Trauma: Nicht der Einzelne ist verrückt, sondern das Ereignis. Traumatisiert werden kann jeder: Berufsanfänger, aber auch alte Hasen. Der seinem Image nach abgebrühte Kriegsreporter ebenso wie der Lokaljournalist, dessen kleine Welt für heil gehalten wird - und es nicht ist.

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