2007-08-17

Putin und Sarkozy oben ohne

--- Symbolische Politik mit Oben-ohne-Fotos gestandener Staatsmänner füllt dieses Jahr das Sommerloch:
Der postheroische Polit-Softie ist out: Der Staatsmann von Welt lässt die Muskeln spielen. Damit diese gut sichtbar sind, zieht er sich aus. Waschbrett statt Wampe heißt die Devise - nicht nur bei Wladimir Putin. Der Ex-Agent Wladimir Putin überrascht jetzt mit Oben-ohne-Fotos, beim Fischen am Jenissej-Fluss warf er sich wie Bond in die Brust und angelte damit die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit (mehr...). Der russische Präsident ist nicht der erste, der sich auszog, um politisch anziehender zu wirken: Auch Berlusconi und Sarkozy stellten ihr Dekolleté zur Schau und demonstrierten damit Sportsgeist, Gesundheit und Tatendrang. Die Ikonografie passt zum politischen Klima: Der Softie hat ausgespielt, zumal Krisenherde wie der Irak und Afghanistan den ganzen Mann fordern. Der zeigt sich, wie in Putins Fall, als Outdoor-Kämpfer, dessen Pose signalisiert: Ich kann jederzeit vom Feldherrenhügel herunterklettern und selbst mitkämpfen. Wie Putin in Tschetschenien waren - beziehungsweise sind - auch Berlusconi und Sarkozy Feldherren. Sowohl Italien als auch Frankreich kämpfen in Afghanistan, wo sich die geopolitischen und ideologischen Machtfragen zu handfesten Kriegen ausgeweitet haben. Vorbei also die Zeiten, als ein Top-Politiker wie Matthias Platzeck aufgrund von Burnout kürzer treten konnte: Der Staatsmann neueren Zuschnitts ist nicht nur reflektiert, sondern vor allem trainiert. Da können Historiker lange von der posthistorischen Ära reden, in der Wehrpflicht und Soldatenehre als Auslaufmodelle gelten - mit Putin und Sarkozy kehrt Testosteron als Treibstoff zurück in die politische Maschinerie. Vorbei ist auch die Epoche der Saumagen-Mampfer und Sport-Verweigerer: Ein Typ wie Helmut Kohl wäre in unseren heutigen, von Fitness, Rucola und Yoga bestimmten Zeiten ästhetisch und PR-stragegisch gar nicht mehr vermittelbar. Und kein Politiker könnte es sich heute noch leisten, "No sports!" zu rufen - es sei denn, er hätte ein autoaggressives Verhältnis zu Umfragewerten. Die deutsche Regierungschefin kann es ihren Kollegen nicht gleichtun. Im Gegenteil: Mächtige Frauen tendieren dazu, geschlechtsneutral, das heißt auch körperlos zu werden. Feminität gilt im Politgeschäft nach wie vor als Zeichen von Schwäche, sie wird mit nüchternen Outfits und großer Sachlichkeit kompensiert. Angela Merkel braucht keine Arbeitsphysis; sie brilliert als diplomatische Software, nicht als Hardware mit Lizenz zum Töten.
Und sonst: Die Blogosphäre bzw. die wachsende Szene der bloggenden Journalisten differenziert sich weiter aus: Die Geld-Blogger. Ob Bahnstreik oder Börsenkrise: Auf offene Wirtschaftsfragen bieten bloggende Experten im Internet viele Antworten.

Wer spinnt denn da in der Wikipedia herum? Wer bislang an den Artikeln der Internet-Enzyklopädie Wikipedia herumdokterte, konnte sich hinter seiner Anonymität verstecken. Leser konnten zwar sehen, dass Einträge verändert worden waren - aber nicht, durch wen. Lediglich ein schwer identifizierbarer Zahlencode, die sogenannte IP-Adresse, ließ vage Rückschlüsse auf den Autor zu. Mit dieser Anonymität ist es jetzt vorbei, jedenfalls teilweise: Virgil Griffith, ein junger Computerspezialist aus Kalifornien, hat eine Software entwickelt, mit der sich zuordnen lässt, zu welcher Institution bestimmte IP-Adressen gehören. Einige Manipulationen, die Griffith mit seinem "Wikipedia Scanner" bereits zutage förderte, haben es in sich. ... So wurden von Computern des Vatikans aus Passagen zum nordirisch-katholischen Politiker Gerry Adams getilgt. Durch die Säuberungen verschwanden Hinweise auf eine mögliche Beteiligung des Sinn-Fein-Führers an Mordanschlägen während der Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland. ... Besonders beliebt scheint das Redigieren von Wikipedia-Einträgen bei Unternehmen zu sein. In einem Eintrag zu Diebold, einer US-Firma, die Wahlautomaten herstellt, fehlte plötzlich ein nicht unbedeutender Aspekt: Der Chef hatte im Wahlkampf große Summen an US-Präsident George W. Bush gespendet. Hinter der Manipulation, so fand Griffith heraus, stand offensichtlich ein Diebold-Mitarbeiter. Mehr zum Wikiscanner und den aufgedeckten spin jobs bei Wired News und heise online.

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1 Comments:

At 11:52 AM, Anonymous Anonym said...

Kann ich bitte eine Warnung bekommen, wenn Merkel oben ohne erscheint.

 

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