2007-09-22

Deutsche Islamistenseite GIMF wird wieder gefüttert

--- Die bereits mehrfach im Web umgezogene Globale Islamische Medien-Front ist auf deutsch wieder zurück:
Die Wiener Propaganda-Zelle, die letzte Woche ausgehoben wurde, hat offenbar noch mehr aktive Mitglieder als das inhaftierte Ehepaar. Seit Mittwoch gibt es jedenfalls eine neue Dependance der "Globalen Islamischen Medienfront" (GIMF). Dabei handelt es sich um jene deutschsprachige Gruppe von Internet-Dschihadisten, die im März dieses Jahres ein Droh-Video gegen Österreich und Deutschland veröffentlichte und vor Anschlägen warnte, falls die beiden Länder nicht ihre Soldaten aus Afghanistan abziehen - und außerdem täglich Bekennerschreiben und sonstige Terrorpropaganda von al-Qaida und verwandten Organisationen auf deutsch zugänglich machte. ... Die Idee bestand darin, nach dem Vorbild der arabischsprachigen Ur-GIMF und ihrem englischsprachigen Ableger, Terrorpropaganda auch auf Deutsch zu verbreiten. ... Ermittler waren bereits frühzeitig davon ausgegangen, dass die GIMF aus mehr als nur ein paar Leuten bestehen muss; zu umfangreich war das Material, das die Gruppe tagtäglich übersetzte. Noch im August hatte die deutsche GIMF auf ihrer Website zudem Übersetzer gesucht, um der Fülle der Propaganda Herr zu werden. Noch haben allerdings zumindest deutsche Behörden keine Hinweise darauf, wer hinter dem Relaunch der GIMF-Seite stehen könnte. Dem Hauptverdächtigen Mohamed M. werden zwar mindestens ein dutzend einschlägiger E-Mail-Kontakte bis in den Irak und nach Saudi-Arabien zur Last gelegt, darunter offenbar Qaida-Kontaktpersonen - aber nach Deutschland führt keine heiße Spur. ... Terrorermittler gehen aber davon aus, dass es sich bei der deutschen GIMF um reine "Sessel-Dschihadisten" handelte, die keine Anschläge in der realen Welt planten. Die Bedeutung ihrer Seite wird trotzdem als potenziell gefährlich eingeschätzt: "Da kann man Radikalisierung in Echtzeit beobachten", sagte ein deutscher Verfassungsschützer.
Und sonst: Die kleinen Brüder schlagen beim Thema Polizei-Brutalität auf YouTube und Co. zurück: Little Brother is watching you. In einer Welt, in der jeder Kameramann ist und YouTube den Sendeplatz stellt, steht potentiell jeder unter Beobachtung. Für die Polizei in den USA wird das zu einem zunehmenden Problem. Nicht nur, weil es immer öfter die Schläger im Polizeicorps outed - sondern allen den Ruf versaut. Mehr zum jüngsten Taser-Fall auch bei Telepolis: Elektroschockwaffen zur Disziplinierung.

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2007-09-15

Neuer Streit über Mohammed-Karikaturen

--- Es gibt mal wieder heftigen Streit über neue Mohammed-Karikaturen aus nordischen Gefilden:
Die Terrororganisation al-Qaida im Irak hat ein Kopfgeld auf den schwedischen Karikaturisten Lars Vilks sowie Ulf Johansson, Chefredakteur der Zeitung "Nerikes Allehanda", ausgesetzt. Diese hatte im August eine Zeichnung von Vilks abgedruckt, die Mohammed als riesiges Hundedenkmal in der Mitte eines Kreisverkehrs zeigt. Das Blatt illustrierte damit einen Leitartikel über Meinungsfreiheit. Wer Vilks töte, könne mit einer Belohnung von bis zu 150.000 Dollar rechnen, versprach Abu Omar al-Baghdadi, der Führer von al-Qaida im Irak. Die Abschrift einer entsprechenden Tonaufnahme wurde heute auf einschlägigen Websites im Internet veröffentlicht.
Der englischen Übersetzung zufolge, die ebenfalls auf den Seiten veröffentlicht wurde, sagte al-Baghdadi wörtlich: "Wir rufen zur Tötung des Karikaturisten Lars Vilks auf, der es gewagt hat, unseren Propheten - Friede sei mit ihm - zu beleidigen, und wir setzen im großzügigen Monat Ramadan eine Belohnung von 100.000 Dollar für denjenigen aus, der diesen Verbrecher tötet." Wer Vilks "schlachte wie ein Lamm", der bekomme sogar 150.000 Dollar. 50.000 Dollar versprach der Terrorist demjenigen, der Johansson umbringe, heißt es in der 30-minütigen Audio-Aufnahme. Vilks selbst äußerte sich telefonisch gegenüber der Nachrichtenagentur AP. "Wir haben hier ein echtes Problem", sagte er. "Wir können nur hoffen, dass sich die Muslime in Europa und in der westlichen Welt von diesem Aufruf distanzieren und den Gedanken der Meinungsfreiheit unterstützen." Johansson erklärte, er nehme das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld ernster als alle anderen Bedrohungen, denen er je ausgesetzt war. ... Nur vereinzelt war es nach Veröffentlichung der Karikatur in einigen muslimischen Ländern zu Protesten gekommen (mehr...). Anders als bei den gewalttätigen Demonstrationen im vergangenen Jahr, als Muslime gegen eine Zeichnung in einer dänischen Zeitung protestierten, kam es diesmal kaum zu blutigen Auseinandersetzungen. Um für Entspannung zu sorgen, hatte der schwedische Premierminister Frederik Reinfeldt vergangene Woche 22 in Stockholm stationierte Botschafter aus islamischen Staaten zum Gespräch eingeladen. Al-Baghdadi reicht diese Geste offenbar nicht aus. Er erklärte, sollte sich der "Kreuzritter-Staat Schweden" nicht entschuldigen, werde es Angriffe auf schwedische Unternehmen geben.
Da kann die Debatte ja mal wieder los gehen, ob derlei Provokationen von westlichen Medien opportun sind.

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2007-09-08

Bin Laden geht unter die Globalisierungsgegner

--- Osama bin Laden hat sich wenige Tage vor dem 6. Jahrestag der Anschläge am 6. September einen Imagewandel verpasst. Das Blut von den Händen gewischt, die Kalaschnikow abgelegt und den Bart schwarz gefärbt wirbt der Terrorführer in einem neuen Video um Sympathien an allen Fronten, wobei er sich vor allem in die Phalanx der Kapitalismuskritiker einreiht:
Die Rede ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich. Dies betrifft zum einen den Inhalt: Nie zuvor hat Osama Bin Laden sich derart als eine Art globaler Oppositionspolitiker inszeniert. Weite Teile der Ansprache bestehen aus reiner Kapitalismus- und Globalisierungskritik. "So wie ihr euch zuvor aus der Sklaverei der Mönche, Könige und Feudalherren befreit habt, so solltet ihr euch jetzt von den Irreführungen ... des kapitalistischen Systems befreien", sagt der Qaida-Gründer an einer Stelle.
Zum anderen ist ungewöhnlich, auf welche Art der Inhalt der Rede bekannt wurde. In der Nacht zum Donnerstag hatte die Qaida-nahe Produktionsfirma al-Sahab angekündigt, dass eine Rede des Terrorpaten bald veröffentlicht werde. Doch noch bevor die Terror-Propagandisten das Band publizierten, berichteten gestern US-Medien über die Kernaussagen Bin Ladens. ... Politische, geschichtliche und moralische Erörterungen vermischend, zeichnet Bin Laden das Bild einer Nation, die auf der Verliererstraße ist. Obwohl militärisch übermächtig, könnten die Amerikaner im Irak nicht gewinnen - weil sie zwar moralisch argumentierten, in Wahrheit aber nur den Interessen internationaler Konzerne folgten. Das Ansehen der USA sei deswegen ruiniert. Um "den Krieg zwischen uns" zu stoppen, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder die Mudschahidin stellten die Kampfhandlungen ein, was aber nicht gehe, weil sie eine Pflicht erfüllten. ... Es gebe allerdings einen Ausweg, sagt Bin Laden weiter: Die Amerikaner sollten "nach einem alternativen, aufrechten Weg suchen", in dem es nicht darum gehe, andere zum eigenen Nutzen zu unterdrücken. Natürlich hat dieser Weg auch einen Namen: Die Amerikaner sollen zum Islam konvertieren. Bin Laden macht sich sogar die Mühe, Koranstellen aufzuzählen, in denen Jesus und Maria erwähnt werden. Anders als in seiner vorherigen Ansprache aus dem Sommer 2006 droht er diesmal nicht mit Anschlägen. Der Terrorpate sinniert stattdessen über Bücher, zum Beispiel des linken Intellektuellen Noam Chomsky. Der Libanon-Krieg, der Konflikt zwischen Hamas und Fatah, die Anschlagsversuche in Großbritannien und Deutschland - all das wird nicht erwähnt.
Einen ausführlichen Bericht zur Wandlung bin Ladens gibts bei Telepolis: Mit Kapitalismuskritik zum Gottesstaat.

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2007-09-07

Steinbrück hamstert im Web 2.0

--- Mal wieder eine Geld verschwendende PR-Aktion der Bundesregierung, dieses mal in Form eines angethrillten Monsterhamsters:
Das Video, um das es hier geht, ist ab sofort auf einer Aktions-Webseite des Bundesfinanzministeriums und auf YouTube abrufbar, demnächst wohl auch auf weiteren Publikationsplattformen wie Clipfish oder MyVideo. Es handelt sich um eine virale Kampagne des Ministeriums, genauer: von deren PR-Agentur fischerAppelt. Kommentar des Bundesfinanzministeriums: "Das Thema Schuldenfalle ist so wichtig, dass wir nicht zulassen können, dass es bei ganz vielen nicht ankommt. Deshalb müssen wir um Aufmerksamkeit werben. Dieser Film ist der Versuch, mit einem neuen Schlüssel die Tür zu mehr Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger zu öffnen." Gedreht hat den Clip "Am Limit"-Regisseur Pepe Danquart. ... m Zeitalter des anhaltenden Web-2.0-Wahns, erörtert der Oscar-Preisträger in einem Werbeclip, warum Bundesfinanzminister Peer Steinbrück trotz boomender Wirtschaft die Steuern nicht senkt. Warum keine Kasernen renoviert und die Renten nach drei Nullrunden nur um 0,54 Prozent erhöht werden. Gewidmet ist der Werbe-Clip ganz offensichtlich den Wirtschaftsteil-Überblätterern ... Fast so verwirrend wie Haushaltspolitik, das Ganze. Eine Kampagne, die nur mit Waschzettel funktioniert - gewissermaßen. Immerhin: Der Film ist nicht schlecht gemacht. Witziger zumindest als die Stafette unfreiwillig komischer Web-2.0-Kampagnen, mit denen die Politik sonst so versucht, jung, dynamisch und hip rüberzukommen ... Fitness-Bildschirmschoner, Podcasts, schmierige Coversongs: Die viralen Kampagnen deutscher Politiker geben viel Anlass zum Fremdschämen.

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2007-09-06

Die Drastik der Terrorfestnahmen

--- In der Frankenpost hinterfragt ein Kommentar die gegenwärtige Terroraufgeregtheit:
Wie der Zufall so spielt: die umstrittene Online-Spionage politisch in der Sackgasse, wachsender Erklärungsnotstand für die deutsche Afghanistan-Mission, der Bundesinnenminister massiv unter Druck – da fügt es sich prima, dass, nur Tage vor dem ominösen 11. September, hierzulande drei mutmaßliche Terroristen verhaftet werden. Islamisten allesamt, ihr mögliches Tatwerkzeug handelsüblich, die potenziellen Anschlagsziele quasi in der Nachbarschaft. Soll suggerieren: der weltweite Terror lauert nach wie vor zu jeder Zeit und an jedem Ort. Auch und gerade in Deutschland. Wenn sich mittlerweile schon Einheimische unter den fanatischen Bombenbauern finden . . . Und wer, fragen die politischen Freunde des Innenministers lautstark und rhetorisch, könne da Herrn Schäuble eigentlich ernsthaft widersprechen, dass es dringendst noch viel mehr Überwachung in der Republik bräuchte, deutlich strengere Kontrollen und vor allem jede Menge vorbeugende Schnüffelei in Handys, Festplatten und Blackberrys. ... so kamen die Fahnder mit ganz altmodischer Observation zum Erfolg – ohne auch nur eine gefälschte Behörden-E-Mail auf irgendeinen Laptop verschickt zu haben. Monate gar nahmen sich die Behörden Zeit, das vermeintlich so brandgefährliche Trio bei seinem bunten Treiben zu beobachten, während Herr Schäuble hartnäckig dozierte, die Einführung der Online-Durchsuchung dulde keinen Tag Aufschub mehr, wolle man im Kampf gegen den Terror dieser Welt nicht vorschnell die Kapitulationserklärung ausfertigen. Eine Spur zu drastisch wirken deshalb auch die Horror-Szenarien, die die ranghöchsten Vertreter der deutschen Sicherheitsbehörden vor der Öffentlichkeit schildern. „Massive Bombenanschläge“, simultane Attentate mit mehreren Autobomben, eine riesige Zahl von Toten mitten in Deutschland – man lässt die Republik gezielt erzittern, um sie danach umso besser trösten zu können. Nur der beherzte Zugriff habe die Planungen von islamistischen Terroristen in Deutschland vereitelt, belehrt Generalbundesanwältin Monika Harms – und schildert im nächsten Satz, wie eine Handvoll Polizisten den angeblich so brisanten Sprengstoff der vermeintlich so brutalen Attentäter bei Nacht und Nebel einfach abzapfen und gegen ein harmloses Gebräu austauschen konnten. Sollen wir angesichts der Bombenbastler im Sauerland also schaudern oder schmunzeln? Besser wäre womöglich die Erkenntnis, dass brutale Anschläge in Deutschland beileibe kein Hirngespinst sind – aber eben auch nicht Alltag.
Auch lesenswert sind Hintergründe zur Schäubleschen Gedankenwelt rund um das "Feindstrafrecht" und die präventive Abwehr möglicher Gefahren: Ein Gespräch mit Professor Roland Hefendehl über die gefährlichen Tendenzen des Rechtsstaatsumbaus.

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2007-09-01

Bushs neue Sprecherin: erotisch angehaucht

--- Die Welt berichtet über die neue Frontfrau des US-Präsidenten:
Dana Perino heißt die neue Sprecherin des Weißen Hauses in Washington. Sie übernimmt die Stelle von Tony Snow, der wegen einer Krebserkrankung aus dem Amt scheiden wird. Für Bush ist Perino gewiss ein Glücksfall – in einer unglücklichen Situation. ... Perino wurde wie Vizepräsident Dick Cheney in Wyoming geboren. Sie stammt aus einer italienischen Familie und ist mit einem britischen Geschäftsmann verheiratet. Nach kurzen Ausflügen ins TV-Geschäft war sie mehrere Jahre im Stab eines republikanischen Abgeordneten aus Colorado tätig. Mit Bushs Amtsantritt 2001 ging Perino in die Presseabteilung des damaligen Justizministers John Ashcroft. 2003 wurde sie im Weißen Haus für die Umweltpolitik zuständig. George W. Bush ernannte Perino im Mai 2006 zu Snows Stellvertreterin. Erst mit dessen krankheitsbedingten Ausfall im Frühjahr 2007 aber bekam Perino Gelegenheit, öfter ans Pult des White House Press Corps zu treten. Sie gewann rasch Sympathien für ihr präzises Auftreten. Im Internet tauchten Loblieder neu gewonnener Fans auf, die manchmal sogar auf eine nicht anzügliche Weise erotisch angehaucht waren. ... Dana Perino ist nach Ari Fleischer, Scott McClellan und Tony Snow Bushs vierte Sprecherin. Vor ihm hatten nur Bill Clinton, Lyndon B. Johnson und Harry Truman eine gleich hohe Fluktuation im Sprecheramt.
Und sonst: Traurige Zahlen: Nach Angaben der Organisation Reporter ohne Grenzen ist in der vergangenen Woche der 200. Medienvertreter im Irak seit der US-Invasion 2003 getötet worden.

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