Bin Laden geht unter die Globalisierungsgegner
--- Osama bin Laden hat sich wenige Tage vor dem 6. Jahrestag der Anschläge am 6. September einen Imagewandel verpasst. Das Blut von den Händen gewischt, die Kalaschnikow abgelegt und den Bart schwarz gefärbt wirbt der Terrorführer in einem neuen Video um Sympathien an allen Fronten, wobei er sich vor allem in die Phalanx der Kapitalismuskritiker einreiht:
Die Rede ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich. Dies betrifft zum einen den Inhalt: Nie zuvor hat Osama Bin Laden sich derart als eine Art globaler Oppositionspolitiker inszeniert. Weite Teile der Ansprache bestehen aus reiner Kapitalismus- und Globalisierungskritik. "So wie ihr euch zuvor aus der Sklaverei der Mönche, Könige und Feudalherren befreit habt, so solltet ihr euch jetzt von den Irreführungen ... des kapitalistischen Systems befreien", sagt der Qaida-Gründer an einer Stelle.Einen ausführlichen Bericht zur Wandlung bin Ladens gibts bei Telepolis: Mit Kapitalismuskritik zum Gottesstaat.
Zum anderen ist ungewöhnlich, auf welche Art der Inhalt der Rede bekannt wurde. In der Nacht zum Donnerstag hatte die Qaida-nahe Produktionsfirma al-Sahab angekündigt, dass eine Rede des Terrorpaten bald veröffentlicht werde. Doch noch bevor die Terror-Propagandisten das Band publizierten, berichteten gestern US-Medien über die Kernaussagen Bin Ladens. ... Politische, geschichtliche und moralische Erörterungen vermischend, zeichnet Bin Laden das Bild einer Nation, die auf der Verliererstraße ist. Obwohl militärisch übermächtig, könnten die Amerikaner im Irak nicht gewinnen - weil sie zwar moralisch argumentierten, in Wahrheit aber nur den Interessen internationaler Konzerne folgten. Das Ansehen der USA sei deswegen ruiniert. Um "den Krieg zwischen uns" zu stoppen, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder die Mudschahidin stellten die Kampfhandlungen ein, was aber nicht gehe, weil sie eine Pflicht erfüllten. ... Es gebe allerdings einen Ausweg, sagt Bin Laden weiter: Die Amerikaner sollten "nach einem alternativen, aufrechten Weg suchen", in dem es nicht darum gehe, andere zum eigenen Nutzen zu unterdrücken. Natürlich hat dieser Weg auch einen Namen: Die Amerikaner sollen zum Islam konvertieren. Bin Laden macht sich sogar die Mühe, Koranstellen aufzuzählen, in denen Jesus und Maria erwähnt werden. Anders als in seiner vorherigen Ansprache aus dem Sommer 2006 droht er diesmal nicht mit Anschlägen. Der Terrorpate sinniert stattdessen über Bücher, zum Beispiel des linken Intellektuellen Noam Chomsky. Der Libanon-Krieg, der Konflikt zwischen Hamas und Fatah, die Anschlagsversuche in Großbritannien und Deutschland - all das wird nicht erwähnt.
Labels: afghanistan, propaganda, qaida, terror
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