2007-11-24

Kriegsberichterstattung im freien Fall

--- Die Süddeutsche beschäftigt sich mit dem Wandel der Kriegsberichterstattung in den vergangenen 20 Jahren:
Bosnien veränderte alles. ...Wir hatten ja immer ein privilegiertes Leben geführt - immer an vorderster Front und doch niemals direkt beteiligt und betroffen. Doch nun war alles anders: Reporter waren auf einmal keine neutralen Beobachter mehr, sondern Ziel und Opfer. Tomas hatte im Journalistenhotel Holiday Inn nur knapp einen Granateinschlag in seinem Zimmer verpasst. Ron hatten Serben in der Krajina gemeinsam mit einem französischen Kollegen drei Tage lang in eine Scheune gesperrt und gefoltert. Es gingen Gerüchte um, dass die serbischen Scharfschützen mit Kopfprämien für Kinder und Frauen bezahlt wurden. Und angeblich waren die höchsten Prämien für Journalisten ausgesetzt worden. Später stellte sich heraus, dass die Kopfprämiengerüchte von der amerikanischen PR-Firma Ruder & Finn in die Welt gesetzt worden waren, die von der kroatischen Regierung 18.000 Dollar im Monat erhielt, um das Image der Kroaten aufzupolieren. Doch egal, ob Gerücht oder nicht. Es wurde ja auf Journalisten geschossen. ... Was sich im Libanon, in Kolumbien und in Somalia schon angebahnt hatte, wurde in Bosnien besiegelt: Die Neutralität der Weltpresse war aufgehoben. Lokale Journalisten waren schon immer verfolgt worden, hatten ihren Mut mit dem Leben bezahlt. Wir internationale Journalisten hatten immer das Privileg der Unabhängigkeit genossen. Und ja auch gepflegt. Kam doch mal einer von uns ums Leben, so waren es fast immer Unwägbarkeiten wie Kreuzfeuer, Granateinschläge oder betrunkene Milizen. ... Wer heute als Kriegsreporter arbeitet, der kann sich nicht mehr darauf verlassen, dass ihn sein internationaler Presseausweis schützt. Im Gegenteil: Im Irak kann es ihm passieren, dass ihn entweder der irakische Widerstand, die al-Qaida oder die Besatzungstruppen der Amerikaner ins Visier nehmen. Mit dem Zweifrontensystem des Kalten Krieges sind aber auch die Parameter der Berichterstattung verschwunden. Die Guerrillaromantik der sechziger und siebziger Jahre funktioniert nicht mehr.
Ansonsten: Nachdem diese Woche auf den ungarischen Server der deutschsprachigen GIMF-Seite (Globale Islamische Medienfront) erneut ein Drohvideo auftauchte, hier noch der Verweis auf einen Bericht zur BKA-Tagung "Tatort Internet":
Über dem kleinen Jungen glitzert ein goldenes Sternchen, daneben scheint der Mond hell. Der Junge unter diesem Himmelszelt kniet auf einem Gebetsteppich. Hellblau und freundlich sieht die Internetseite der palästinensischen Terrororganisation Hamas aus, die sich an die Allerjüngsten wendet. Nett und harmlos. Ein paar Mausklicks weiter sieht man ein Kopfsteinpflaster. Ein abgetrennter Frauenkopf liegt auf der Straße. Daneben wird das Bild einer lächelnden, Kopftuch tragenden jungen Frau gezeigt, einer Frau, die sich für den Heiligen Krieg als Selbstmordattentäterin in die Luft gesprengt hat. Es ist ihr Kopf, der hier auf der Straße liegt. So sieht das Kinderprogramm islamistischer Terroristen aus. Immer mehr solcher Versuche gezielter Einflussnahme auf Kinder sind im Internet zu finden. Die Zahl der Terrorseiten steigt konstant. "1998 gab es weltweit zwölf Terrorseiten, 2003 waren es 2650, im September 2007 haben wir 5860 Seiten gezählt", berichtete der israelische Kommunikationsforscher Gabriel Weimann von der Universität Haifa auf der Tagung "Tatort Internet" des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden.

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