2007-12-19

Affentrick: Nicht sehen und hören - weiter sagen!

--- Wer besonders viel Verantwortung trägt, lebt besser mit einem System der singulären Verantwortungslosigkeit. Das gilt für einen Bundesfinanzminister wie für einen Wirtschaftsboss. Beides ist heute auf der Aufschlagsseite des SZ-Wirtschaftsteils zu bewundern. Da wird Peer Steinbrück gefragt, warum er als Chef des KfW-Verwaltungsrats, dem Kontrollgremium der größten staatseigenenen Bank KfW, nichts davon mitbekommen hat, dass die Tochter, IKB-Bank, Milliarden im amerikanischen Hypothekenmarkt versenkt hat - obwohl einer seiner Topbeamten obendrein im Aufsichtsrat der IKB sitzt.
"Den Schuh ziehe ich mir nicht an. Ich selbst bin Ende Juli erstmals über die Probleme bei der IKB informiert worden. Bis dahin war das im KfW-Verwaltungsrat kein Thema gewesen. Ich erinnere zudem daran, dass es seit 2005 vier Prüfungen bei der IKB gegeben hat, zuletzt im Juni 2007, die alle den Gütestempel hatten. Und statt einen meiner Beamten zum Buhmann zu machen, sollten die Kritiker lieber einmal beim ehemaligen Chef der IKB nachfragen, der jetzt im Aufsichtsrat sitzt und sich mit den seinerzeitig eingegangenen Geschäften gut auskennen müsste."
Warum fragt niemand nach, wozu man Kontrollgremien braucht, wenn das Gremium ohnehin nicht kontrolliert und nur Gutachten Dritter abnickt? Was sagt er dazu, dass jetzt der Steuerzahler die Zockerei anderer finanzieren darf? Er fordert stattdessen einen Mindestlohn für alle. Egal.
Die Verantwortungslosigkeit lebt auch ein anderer, Ferdinand Piech. Der ehemailge Boss von Volkswagen will nichts von dem Schmiergeld- und Bordellskandal bei VW gewusst haben. Dazu kommentiert Hans Leyendecker:

"In der Welt des Ferdinand Piëch wird gewöhnlich nach seinen Regeln gespielt, das gilt auch für Fouls. Die Spielregeln des VW-Patriarchen sind erschreckend simpel. Wenn der Betriebsrat für ihn nützlich ist, lautet Regel Nummer eins: Wer förderlich ist, wird gefördert.
Regel Nummer zwei: Alles muss ganz sauber zugehen. Regel Nummer drei: Man darf sich nicht erwischen lassen.
Für Außenstehende zumindest war es von Beginn der Affäre an schwer nachzuvollziehen, dass die sehr spezielle Protektion der wichtigsten Arbeitnehmer einschließlich Sonderboni für den Betriebsratsvorsitzenden, Lustreisen des Gesamtbetriebsrats und eine großzügige Ausstattung einer früheren Geliebten des ehemaligen Arbeitnehmerchefs eine Art Geheimkommando gewesen sein sollte, das völlig an Piëch vorbeilief.
Warum hat die Revision des Konzerns dieses Konto nie ordentlich geprüft? Gab es eine schützende, starke Hand, die alle Akteure lange vor Schaden bewahrte?

Die Aussage, die Piëch bei der Staatsanwaltschaft machte, taugte für eine Erklärung nur bedingt: Er habe "niemals Geld verteilt, sondern in diesen unangenehmen Fällen mich dadurch aus der Schlinge gezogen, dass ich es an jemand anderen delegiert habe", hatte Piëch gesagt.
Wenn aber das ominöse Konto "1860 Vorstand Diverses", über das die zweifelhaften Transfers abgewickelt wurden, tatsächlich, wie ein Zeuge am Dienstag vor Gericht aussagte, zeitweise im Bereich des Generalsekretariats des Vorstandsvorsitzenden untergebracht war, könnte auch der Macher Piëch unter Druck geraten."


Erstaunlich, was angeblich so alles an den Großkopferten vorbei in einer Organisation möglich ist - oder erfolgreich gespinnt wird.

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