Zoomer: Spielwiese für Spindoktoren
--- Nun versucht auch Holtzbrinck, was die LA Times bereits vor geraumer Zeit versucht hat: User sollen bestimmen, was in der Zeitung steht. Holtzbrinck beschränkt sich dabei mit seinem neuen Portal Zoomer.de aufs Internet und auf junge Leser als Zielgruppe. Die FAZ schreibt:
Leser “lokutus” hat da noch einen “Hinweis an die Redakteurin Frau Preuß”. Ihn würden, schreibt er unter den Beitrag zum Kosovo, “weitere Hintergründe zum Engagement der Bundeswehr und der Nato im Kosovo interessieren”. Frau Preuß, Redakteurin beim neuen Internetportal “Zoomer.de”, ist dieser Wunsch Befehl: “Lieber lokutus, ich mach mich sofort an die Arbeit!” Mit diesem Dialog scheint sie Wirklichkeit geworden, die im Internet geträumte Utopie eines Journalismus 2.0, die die vermeintlichen Hierarchien auf den Kopf stellt: Nicht mehr ein Redakteur entscheidet hier, was er dem Leser vorsetzt, sondern serviert exakt das, was letzterer bestellt hat. Stets zu Diensten, signalisiert am Rande mancher Beiträge auch das Bildchen jenes Redakteurs, der “dieses Top-Thema” betreut.
Nun mag das nicht schlecht sein, allerdings freuen sich schon wieder alle Spindoktoren, Dritte kostenlos einzusetzen, um Artikel über ihre Themen zu platzieren. Die Süddeutsche erklärt, wie das Bewertungssystem funktioniert.
Blaue Punkte, die von der Redaktion vergeben werden, stellen die Aktualität dar, grüne Punkte den Grad des Nutzerinteresses. Nach einem festgelegten Verfahren wird damit eine Gesamtpunktzahl errechnet, die über die Platzierung der jeweiligen Nachricht entscheidet. “Wir wollten etwas ganz anderes machen. Der User entscheidet mit über die Themen”, sagt dazu Holtzbrinck-Manager Neumann, der wie Zoomer-Chefredakteur Frank Syré früher bei der Telekom gearbeitet hat. Angst, dass künftig die Masse entscheidet und immer Britney Spears ganz oben steht, hat er nicht. Umfragen hätten gezeigt, dass sich junge Menschen nicht nur für Boulevardthemen interessieren. “Wir machen keinen Gaga-Journalismus, sondern etwas Ernsthaftes”, sagt Neumann. Am Montag stand lange - wie überall - die Steueraffäre rund um Liechtenstein ganz oben.
2 Comments:
Nun ja, bei diesem Bewertungssystem schummelt die Redaktion mit Sicherheit, sonst würden Paris Hilton und Kolleginnen doch immer unter den ersten drei Artikeln landen.
Bei allem Vertrauen in die Leser - blindes Vertrauen ist hier nicht angebracht.
Diejenigen die Britney und co. oben haben wollen lesen schon lange keine ernsthaften Zeitungen mehr.
Zeitungen haben einen relativ klaren Käuferkreis, da wäre mir als Initiator auch nicht bange um Britney. Eher wie es im Beitrag mitklingt um "PR"-Leute die kein ehrliches Interesse an einem Thema sondern einen finanziellen Hintergedanken zum Ausdruck bringen.
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