Zypries spinnt sich die Vorratsdatenspeicherung schön
--- Das Bundesverfassungsgericht hat mal wieder eine seiner "salomonischen" Entscheidungen gefällt -- und zwar zu der seit Jahren als Paradigmenwechsel im Datenschutz ausgemachten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Kein Wunder also, dass mal wieder alle Seiten den Beschluss über einen Eilantrag im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde von über 30.000 Bürgern begrüßen. Allen voran natürlich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), die an den entsprechenden Brüsseler Vorgaben mitgestrickt und federführend für die darüber hinausgehende Umsetzung ins deutsche Recht verantwortlich war. Dass die Verbindungsdaten nicht nur für die Verfolgung "schwerer Straftaten" abgegriffen werden dürfen, wie es die EU-Richtlinie vorsieht, sondern auch etwa für "mittels Telekommunikation begangene" (z.B. Urheberrechtsverletzungen im Internet), hat Karlsruhe jetzt aber als erstes einmal vorübergehend kassiert. Zudem enthält ihre Ansage zahlreiche Hinweise darauf, dass die gigantische Datensammlung insgesamt zu weit gehen könnte. Aber das ist Sache der Hauptverhandlung. Schon allein die Tatsache, dass die roten Roben vorab klare Einschränkungen der Datenverwendung vorgenommen haben, ist ein eigentlich nicht zu überhörender Paukenschlag. In dem Beschluss ist konkret nachzulesen:
Die sechs Monate andauernde Möglichkeit des Zugriffs auf sämtliche durch eine Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten entstandenen Verkehrsdaten bedeutet eine erhebliche Gefährdung des in Art. 10 Abs. 1 GG verankerten Persönlichkeitsschutzes. Dass ein umfassender Datenbestand ohne konkreten Anlass bevorratet wird, prägt auch das Gewicht der dadurch ermöglichten Verkehrsdatenabrufe. Von der Datenbevorratung ist annähernd jeder Bürger bei jeder Nutzung von Telekommunikationsanlagen betroffen, so dass eine Vielzahl von sensiblen Informationen über praktisch jedermann für staatliche Zugriffe verfügbar ist. ... Ein solcher Datenabruf ermöglicht es, weitreichende Erkenntnisse über das Kommunikationsverhalten und die sozialen Kontakte des Betroffenen zu erlangen, gegebenenfalls sogar begrenzte Rückschlüsse auf die Gesprächsinhalte zu ziehen. Zudem weist ein Verkehrsdatenabruf eine erhebliche Streubreite auf, da er neben der Zielperson des Auskunftsersuchens notwendigerweise deren Kommunikationspartner erfasst, also vielfach Personen, die in keiner Beziehung zu dem Tatvorwurf stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben.Zypries gibt sich trotzdem (noch) unverzagt: Das Gericht lässt die Speicherung von Telekommunikationsverkehrsdaten zu, es lässt auch weitgehend die Übermittlung der Daten durch die Telekommunikationsunternehmen an die Strafverfolgungsbehörden zu Strafverfolgungszwecken zu. Damit könne Deutschland nun weiter seinen "europarechtlichen Verpflichtungen" made in Germany et al. nachkommen. Aber falls der EuGH diese nicht aufhebt, wird Karlsruhe im eigentlichen Urteil ein noch deutlicheres "Machtwort" sprechen müssen. Mehr zum Thema u.a. bei heise, Golem + Süddeutsche.
Labels: datenschutz, verfassungsgericht, vorratsdatenspeicherung, zypries
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