Web-Sperren: Jeder darf mehr fordern
--- Im Streit um die im Raum stehenden Web-Sperren darf jeder mal hübsch herumspinnen, jetzt auch ein Vertreter Bayerns: Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hat sich in den Reigen der Politiker eingereiht, die eine Ausweitung der gegen Kinderpornographie geplanten Web-Sperren fordern. Der CSU-Mann hat rechtsextreme Internet-Angebote im Visier, obwohl diese zu 90 Prozent von den Providern rasch nach der Kontaktaufnahme durch Jugendschützer gelöscht werden. "Die Zahlen zeigen, dass wir zur Bekämpfung härtere Maßnahmen wie eine Sperrung von rechtsextremen Internetseiten dringend brauchen", erklärte Herrmann trotzdem gegenüber der "Bild"-Zeitung. Er bezog sich dabei auf einen Bericht der von den Bundesländern finanzierten Einrichtung jugendschutz.net, die 2008 exakt 1707 rechtsextreme Webseiten ausmachte.
Laut dem Report der Jugendschutzinstitution hat sich auch die Zahl der unzulässigen neonazistischen Beiträge in sozialen Netzwerken und auf Videoplattformen im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 1500 verdoppelt. Angesichts der Mitteilungsbedürftigkeit der Millionen Nutzer entsprechender Plattformen dürfte der entsprechende Anteil dieser Botschaften am Gesamtaufkommen der ausgetauschten Kommunikation aber sehr gering sein. Der Bericht macht zudem deutlich, dass sich die direkte Ansprache in- und ausländischer Provider als besonders wirksam im Kampf gegen Hassseiten herausgestellt hat. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte in diesem Sinne, dass nicht Zugangsblockaden, sondern der "Dreiklang aus Beobachtung, Löschung und Aufklärung" in den Vordergrund gerückt werden müssten.
Unterstützung erhielt Hermann dagegen laut Bild.de von Thomas Krüger, dem Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, die den Jahresbericht zu Rechtsextremismus im Netz fördert. "Da, wo es einen Straftatbestand gibt, kann eine Netzsperre sinnvoll sein", wird er zitiert. Zuvor hatten Gert Weisskirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sowie Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit der Ausdehnung der im Raum stehenden Zugangserschwerung auf rechtsextreme oder andere Hassseiten geliebäugelt. Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma macht sich für eine Blockade entsprechender Angebote stark.
Jörg Ziercke, der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), das die geheime Filterliste gegen Kinderporno-Seiten ohne richterliche Kontrolle erstellen soll, warb unterdessen auf einer Veranstaltung" der Juso-Hochschulgruppe Mainz gemeinsam mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann für das Vorhaben. Gegner des "Zugangserschwerungsgesetzes" hielten den beiden Sozialdemokraten ihre Befürchtungen zu unverhältnismäßigen Eingriffen in die Meinungsfreiheit entgegen. Es sei absehbar, dass die geschaffene Infrastruktur bald auch gegen Urheberrechtsverletzer, Gewaltdarstellungen, illegales Glücksspiel und gegen missliebige politische Meinungen eingesetzt würde. Ziercke bot daraufhin an, das Filterverzeichnis neben dem vorgesehenen Kontrollgremium auch Bundestagsabgeordneten zur Einsicht vorzulegen.
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