2010-02-02

Ursula von der Leyen findet "Hartz IV" doof

--- Das war nun wirklich reichlich Unausgegoren, was Ex-Websperren-Familienministerin und jetzige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen da einfach mal rumposaunte: Sie möge den Begriff "Hartz IV" nicht, da er eine differenzierte Debatte über Langzeitarbeitslosigkeit behindere. Eine begriffliche Alternative und Gegenvision für das Arbeitslosengeld II, was das A und O eines rhetorischen Schachzugs gewesen wäre, lieferte die CDU-Politikerin aber gar nicht mit. Telepolis bringt ein paar historische Hintergründe zu Sprache und Politik:
Begriffe wie "Einheitsfront", "Volkskörper" oder auch "gesundes Volksempfinden" (das auch heute immer noch Verwendung findet) stammen aus der Zeit des Nationalsozialismus, dessen Vertreter vom Schlage eines Joseph Goebbels wahre teuflische Meister der Sprache waren und mit wenigen konstruierten Wörtern entweder ein starkes Wir-Gefühl oder aber psychische Ausnahmezustände bei ihren Zuhörern hervorrufen konnten. Davon ist Ursula von der Leyen wahrlich Welten entfernt. Allerdings setzt sie mit ihrem Vorhaben fort, was besonders in den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Hochkonjunktur hatte. Damals war es der CDU-Politiker Heiner Geißler, der mit dem Begriff der "neuen soziale Frage" den damals noch starken politischen Gegner SPD auf dem Gebiet der Sozialpolitik das Wasser abgraben wollte. Die "neue soziale Frage" sollte bei den Wählern die Assoziation zur von der Sozialdemokratie vertretenen "alten" sozialen Frage hervorrufen ... Von der Leyen wird sich in diesen Tagen Kurt Biedenkopf, eines alten Freundes ihres Vaters und Ex-Ministerpräsidenten von Niedersachsen Ernst Albrecht (der mit dem "Celler Loch"), erinnert haben ... Auf dem 22. Bundesparteitag der Christdemokraten im Jahr 1973 ließ der Professor in einer Rede die Katze aus dem Sack und forderte eine "Revolution durch Sprache". Durch die Schöpfung von neuen Begriffen, so Biedenkopf, müssten Politik und Partei das eigene Versagen relativieren. Sprache sei Strategie, mit der die Medienlandschaft in Deutschland besetzt werden müsste ... Ursula von der Leyen allerdings hat beim Griff in die Trickkiste schon daneben gelangt und den Kardinalfehler begangen: Sie hat ihre Manipulation durch Wortneuschöpfung zuvor angekündigt.
Und vor allem beim Gackern das Ei gar nicht gelegt.

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